"A" wie AUS Biblis muss vom Netz
18.05.2007, 17:36 UhrDer hessische Atommeiler Biblis A wird aller Wahrscheinlichkeit nach spätestens im kommenden Jahr abgeschaltet. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) untersagte dem Betreiber RWE die Verlängerung der Laufzeit des 33 Jahre alten Blocks, wie das Ministerium am Freitag mitteilte. Er signalisierte damit die Durchsetzung des von den Stromversorgern im Jahr 2000 vereinbarten, inzwischen aber in Frage gestellten Atomausstiegs. So lehnte Gabriel endgültig den Antrag des Betreibers RWE ab, noch offene Strom-Produktionsmengen vom längst stillgelegten Kernkraftwerk (KKW) Mülheim-Kärlich (Rheinland-Pfalz) auf den Biblis-Block A übertragen zu dürfen.
Zwar ist noch über einen "Antrag B" des Essener Konzerns zu entscheiden, aber hier muss das Unternehmen zuvor einen umfassenden Sicherheitscheck von Biblis A über sich ergehen lassen. Den aber dürfte die störanfällige Anlage nach Einschätzung von Experten nicht überstehen. RWE hatte für den Fall einer Ablehnung des Hauptantrags alternativ beantragt, Strommengen vom Atomkraftwerk Emsland (Lingen) auf Biblis A verlagern zu dürfen.
Gabriel erklärte, das Atomgesetz untersage die Übertragung auf Biblis A. "Der Hauptantrag von RWE widerspricht auch der Vereinbarung, die die Energie-Versorgungsunternehmen am 14. Juni 2000 mit der Bundesregierung abgeschlossen haben." Sie sieht den stufenweisen Atomausstieg in Deutschland bis etwa 2020 oder 2022 vor.
Auch die Stromkonzerne Vattenfall und EnBW hatten entsprechende Anträge auf Laufzeiten-Verlängerung gestellt. Sie wollen die alten bis zum Ende dieser Wahlperiode vor der Abschaltung stehenden Kernkraftwerke Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) und Neckarwestheim I (Baden-Württemberg) länger laufen lassen und deren Produktion mindestens auf die nächste Wahlperiode ausdehnen.
RWE ist inzwischen bereits vor Gericht gezogen, wie das Ministerium mitteilt. EnBW klagt wegen angeblicher Verzögerungen bei der Minister-Entscheidung. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte Gabriel auf, auch den EnBW-Antrag auf verlängerte Laufzeit von Neckarwestheim I abzulehnen.
Der Hauptantrag wurde abgelehnt, weil nach dem Atomausstiegsgesetz Strommengen von Mülheim-Kärlich nur auf bestimmte andere Anlagen (zum Beispiel Biblis B) übergehen dürfen. Biblis A steht nicht in dieser Liste. Daneben beruft sich Gabriel auf die Ausnahmeregelung, dass Übertragungen von neueren auf ältere Atomanlagen nur in Ausnahmefällen möglich seien. Ein neues Rechtsgutachten des Frankfurter Staats-und Verwaltungsrechtlers Joachim Wieland bestätige, dass dieser Fall auf Mülheim-Kärlich nicht anwendbar sei.
Für den Alternativplan einer Übertragung vom KKW Emsland gelte eine noch ausstehende Sicherheitsanalyse des Ministeriums für dieses Kraftwerk und für Biblis A. "Ein von RWE erst am 22. März 2007 übersandter Bericht zum technischen Stand von Biblis A entspricht zwar nicht dem detaillierten Anforderungskatalog des Bundesumweltministeriums", erklärte das Ressort. Es werde jedoch diesen Bericht im Rahmen des Sicherheitsvergleichs prüfen.
Quelle: ntv.de