Nach Flucht in Ecuadors Botschaft Assange droht Festnahme
20.06.2012, 13:00 Uhr
Die Botschaft Ecuadors in London darf Assange nicht verlassen, sonst wird er festgenommen.
(Foto: AP)
Angesichts seiner drohenden Auslieferung von Großbritannien nach Schweden sucht Wikileaks-Mitbegründer Assange Zuflucht in der Londoner Botschaft Ecuadors. Die britischen Behörden wollen ihn festnehmen, sobald er die Botschaft verlässt. Er soll mit diesem Schritt gegen Arrestauflagen verstoßen haben.
Die britischen Behörden haben Wikileaks-Gründer Julian Assange mit einer Festnahme gedroht, sobald er die Botschaft Ecuadors in London verlassen sollte. "Er ist für die Verletzung der Auflagen zu verhaften", sagte eine Sprecherin der Londoner Polizei.
Assange war am Dienstagnachmittag in die Botschaft des südamerikanischen Landes in der Londoner Innenstadt gegangen, um dort politisches Asyl zu beantragen und hat auch die Nacht dort verbracht.
Der 40 Jahre alte Australier soll auf der Grundlage eines von der schwedischen Staatsanwaltschaft erwirkten EU-weiten Haftbefehls nach Schweden ausgeliefert werden. Dort wird ihm sexuelle Nötigung und Vergewaltigung vorgeworfen. Eine Anklage existiert jedoch nicht. Er hat den juristischen Instanzenweg gegen seine Auslieferung in Großbritannien erfolglos ausgeschöpft.
Assange war Anfang 2011 aus der Auslieferungshaft gegen strenge Auflagen entlassen worden. Unter anderem muss er eine elektronische Fußfessel tragen und sich täglich bei der Polizei melden. Gegen mindestens eine dieser Arrestauflagen hat er nach Darstellung der britischen Polizei nun mit dem Gang zur Botschaft Ecuadors erstmals verstoßen.

Appelle an die australische Regierung, Assange zu helfen und ihn nach Hause zurückzuholen.
(Foto: dpa)
In der Begründung seines Asylantrags macht Assange geltend, er sei von seinem Heimatland Australien im Stich gelassen worden. Er werde verfolgt, weil er Informationen veröffentlicht habe, die die Mächtigen kompromittierten, weil er die Wahrheit publiziert habe und damit Korruption und ernste Menschenrechtsverletzungen in aller Welt enthüllt habe.
Warum Ecuador?
Wie Wikileaks über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte, bietet Ecuador Assange bereits seit November 2010 politisches Asyl an. Ecuador wiederum betonte damals, Assange werde ein Aufenthalt in dem südamerikanischen Land angeboten, es handele sich nicht um ein Asylangebot. Assange wird ein persönlich gutes Verhältnis zu Ecuadors Präsidenten Rafael Correa nachgesagt. Correa war Gast in Assanges Talkshow im Fernsehsender Russia Today gewesen.
Ecuadors Außenminister Ricardo Patino teilte am Dienstagabend in Ecuadors Hauptstadt Quito mit, dass Assange in der Londoner Botschaft politisches Asyl beantragt habe. Ecuador wird nach Patinos Angaben die Bitte prüfen und eine Entscheidung gemäß den Normen und Prinzipien des Völkerrechts treffen.
Unklar ist noch, wie Assange im Fall einer Asyl-Gewährung nach Ecuador käme. Normalerweise müsste er die Botschaft verlassen, um zum Flughafen zu kommen. Dann würde aber wohl die Polizei zugreifen. In der Botschaft selbst dürfte die Polizei nur dann zugreifen, wenn Ecuador dies erlauben würde.
Australien sieht Privatangelegenheit
Die australische Regierung bezeichnete den Asylantrag als private Angelegenheit des Internetaktivisten. "Herr Assange wird Entscheidungen im eigenen Interesse so treffen, wie er es sieht", sagte der amtierende Regierungschef Wayne Swan in Canberra. Man werde ihm "größtmögliche Unterstützung zukommen lassen, wie es bei jedem australischen Staatsbürger im Ausland normal ist".
Kritik an der Regierung kam vom australischen Grünen-Senator Scott Ludlam. "Dieser jüngste Schritt von Herrn Assange zeigt, dass er kein Vertrauen in die Bereitschaft der australischen Regierung hat, einzuschreiten und ihn vor einer Strafverfolgung durch die USA zu schützen", sagte er.
In Washington wollte man sich zu der neuen Entwicklung in dem Fall nicht äußern. "Das ist Sache Großbritanniens und Schwedens und Ecuadors", heißt es in einer Erklärung des US-Außenministeriums. Assange fürchtet um sein Leben, falls er von Großbritannien nach Schweden und von dort an die USA ausgeliefert werden sollte.
Quelle: ntv.de, dpa