Korruption in Sachsen Bock zum Gärtner gemacht?
12.06.2007, 07:27 UhrSachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) hat den bisherigen Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz, Rainer Stock, von seinen Aufgaben entbunden.
Die Spitze der Behörde war wegen ihrer Rolle in der Korruptionsaffäre in die Kritik geraten. Stock wechselt in das Innenministerium und übernimmt das Referat "Recht der Polizei". Neuer Verfassungsschutzpräsident wird Reinhard Boos, bislang Leiter des Referats "Ausländer- und Asylangelegenheiten".
Die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtags hatte dem Dienst vorgeworfen, die Staatsanwaltschaft nicht rechtzeitig über relevante Straftatbestände unterrichtet zu haben. Dadurch seien womöglich Straftaten inzwischen verjährt. Medienberichten zufolge enthalten die geheimen Verfassungsschutzakten Hinweise auf Verbindungen von Justiz, Politik und Polizei zur Organisierten Kriminalität. Die Korruptionsaffäre war Anfang des Jahres ins Rollen gekommen, als bekannt geworden war, dass in der Behörde teilweise rechtswidrig Daten über mutmaßliche kriminelle Netzwerke gesammelt worden.
Gleichzeitig hatte das Gremium Konsequenzen an der Spitze der Behörde gefordert. Buttolo, der eine Prüfung der Vorwürfe zugesagt hatte, erklärte, mit dem Wechsel sei die Behörde gestärkt worden. Der Innenminister steht wie sein Vorgänger, Kanzleramtsminister Thomas de Maiziere, wegen seiner Amtsführung selbst unter Druck.
Im Fall von de Maiziere prüft die Staatsanwaltschaft Dresden eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Strafvereitelung. Die Opposition drängt auf einen Untersuchungsausschuss. Der CDU-Politiker sieht der Aufarbeitung nach eigenen Worten "ganz gelassen" entgegen.
Der Verfassungsschutz in Sachsen hat jahrelang die Organisierte Kriminalität beobachtet. Erst vor kurzem wurden erste bislang geheime Dossiers an die Staatsanwaltschaft herausgegeben. Die entsprechenden Akten sollen Hinweise auf Verbindungen von Politikern und ranghohen Amtsträgern in Sachsen zum Organisierten Verbrechen enthalten.
Die mit der Aufklärung betraute Staatsanwaltschaft Dresden teilte mit, sie habe den Geheimdienst aufgefordert, bis zum 1. Juli sämtliche vorhandenen Unterlagen zur Affäre bereitzustellen. Bislang wurden ihr nur so genannte Dossiers übermittelt. Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) ließ erklären, er habe erst im "Februar oder März 2007" von den brisanten Verfassungsschutzakten erfahren. Milbradt sei informiert worden, dass Akten existieren, die der Datenschutz für bedenklich hält, sagte Regierungssprecherin Katrin Träger.
Kritik an de Maizire kommt vor allem von den Grünen und aus der FDP. "De Maizire sollte sein Amt als Geheimdienst-Koordinator der Bundesregierung so lange ruhen lassen, bis der Untersuchungsausschuss in Sachsen seinen Abschlussbericht vorgelegt hat", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jan Mücke, der "Berliner Zeitung". Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele forderte de Maizire auf, seine Informationspolitik darzulegen. "Mein Eindruck aus dem BND-Untersuchungsausschuss ist, dass das Gremium nicht immer ausreichend und zutreffend informiert wurde, seit de Maizire der zuständige Minister ist", sagte Ströbele der Zeitung.
Im MDR bekräftigte Ströbeles Parteifreund Jerzy Montag das Vorhaben, de Maizire vor das Parlamentarische Kontrollgremium zu laden. Es müsse darüber gesprochen werden, wie dieser mit Geheimdienstinformationen umgehe, sagte der rechtspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion. Vorsichtiger äußerte sich der Vorsitzende des Berliner Kontrollgremiums, der FDP-Politiker Max Stadler. Er habe geprüft, ob Bundesbehörden betroffen seien, die das Bundestags-Gremium zu kontrollieren habe. Es handele sich aber um einen "reinen Vorgang des Freistaates Sachsen".
Quelle: ntv.de