Schicksal der Schülerinnen unklar Boko Haram kündigt Waffenruhe an
17.10.2014, 17:40 Uhr
Die Aktion "Bring Back Our Girls" war zuletzt abgeflaut. Sängerin Alicia Keys protestierte jedoch weiter, wie hier am Dienstag.
(Foto: AP)
Im Konflikt mit der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram sieht es nach einem Durchbruch aus: Nach Jahren des blutigen Konflikts sollen die Waffen in Nigeria schweigen. Doch entgegen ersten Meldungen gibt es keine Lösung für die entführten Mädchen.
Wenige Stunden nach der vermeintlichen Meldung über eine Einigung zwischen der Islamistengruppe Boko Haram und der nigerianischen Führung über eine Waffenruhe haben Sicherheitskräfte Details der Vereinbarung relativiert. Dabei dementierte ein Sprecher, dass die Extremistengruppe in die Freilassung der vor sechs Monaten entführten Schülerinnen einwilligt habe. "Zu diesem Aspekt gab es keine Einigung, aber sie rückt näher und näher", sagte Mike Omeri vom Nationalen Informationszentrum. Omeri bestätigte jedoch die Ankündigung einer Waffenruhe durch Boko Haram. Die nigerianische Regierung habe daher ihrerseits eine Waffenruhe verkündet.
Der oberste Sekretär von Staatspräsident Goodluck Jonathan, Hassan Tukur, hatte der Nachrichtenagentur AFP zuvor gesagt, Boko Haram habe bei Verhandlungen die Freilassung der 219 Schülerinnen zugesagt, die seit April in den Händen der Gruppe sind. Bei den Gesprächen in der Nacht zum Freitag sei auch eine Waffenruhe vereinbart worden. Auch Nigerias Generalstabschef Alex Badeh sprach von einer Einigung auf eine Waffenruhe. Er bestätigte jedoch keine Einigung auf eine Freilassung der Schülerinnen.
Taktisches Manöver vor den Wahlen?
Boko Haram hatte am 14. April eine Schule im nigerianischen Chibok überfallen und 276 Mädchen verschleppt. Einige konnten fliehen, von den anderen fehlte bislang jede Spur. Die Massenentführung hatte weltweit unter dem Hashtag #BringBackOurGirls für Bestürzung gesorgt. Ihre Eltern warfen der Regierung vor, sich nicht ernsthaft für die Freilassung ihrer Kinder einzusetzen. Präsident Jonathan hatte sich erst hundert Tage nach der Verschleppung zum ersten Mal mit den Angehörigen getroffen.
Beobachter werteten die Ankündigung Tukurs als taktisches Manöver mit Blick auf die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr. Experten äußerten sich auch skeptisch über die angekündigte Waffenruhe. Der von Tukur als Verhandlungspartner genannte Danladi Ahmadu ist Beobachtern zufolge unbekannt. In den vergangenen Jahren hatte es mehrere Versuche der Regierung gegeben, eine Waffenruhe mit den Extremisten zu erzielen. Sie waren aber nicht von Erfolg gekrönt, weil es mehrere Fraktionen innerhalb der Islamisten-Organisation gibt.
Islamistengruppe überschreitet Grenze zu Kamerun
Boko Haram kämpft seit dem Jahr 2009 im überwiegend muslimischen Norden Nigerias mit äußerster Brutalität für einen islamischen Staat. Der Kampf hat sich auch auf das benachbarte Kamerun ausgeweitet.
Dort wurden bei heftigen Gefechten zwischen der Armee und Boko-Haram-Kämpfern nach offiziellen Angaben mehr als hundert Islamisten getötet. Bei den Kämpfen von "seltener Brutalität" im Norden Kameruns seien zur Wochenmitte insgesamt acht kamerunische Soldaten und 107 Boko-Haram-Kämpfer getötet worden, teilte das Verteidigungsministerium des zentralafrikanischen Landes in einer im Radio verlesenen Erklärung mit.
Die Extremisten aus Nigeria seien am Mittwochnachmittag schwer bewaffnet und mit Fahrzeugen auf kamerunisches Territorium vorgedrungen, hieß es in der Mitteilung. Die Armee habe sich den Kämpfern entgegengestellt und ihren weiteren Vormarsch verhindert. Nach einer nächtlichen Waffenruhe seien die Kämpfe am Donnerstagmorgen fortgesetzt worden. Den Angaben zufolge zerstörte die Armee im Zuge der Gefechte auf Seiten der Islamisten einen Panzer, zwei weitere Armeefahrzeuge sowie Munition.
Quelle: ntv.de, mli/AFP/rts