Politik

Viel Palaver, aber wenig Bewegung Bonner Klima-Konferenz floppt

Die Aussichten für ein neues globales Klima-Abkommen sind dürftig. Das Bonner Vorbereitungstreffen für den Weltklimagipfel in Cancún floppt. 4500 Teilnehmer aus aller Welt können sich nach zweiwöchigen Verhandlungen nicht auf ein Abschlussdokument einigen.

Mehrere Umweltorganisationen protestieren gegen die Spielchen in Bonn.

Mehrere Umweltorganisationen protestieren gegen die Spielchen in Bonn.

(Foto: dpa)

Alles wie gehabt bei den Marathon-Verhandlungen zum globalen Klimaschutz: hehre Bekundungen, viel Palaver und Taktik, offener Streit, gegenseitige Schuldzuweisungen - aber wenig Bewegung. Dauern solche Grabenkämpfe an, droht der Erde der Klimakollaps. In einer neuen Runde der UN-Klimakonferenzen verhandelten rund 4500 Teilnehmer aus aller Welt bis Freitag in Bonn fast zwei Wochen lang.

Das Ergebnis des immensen rituellen Aufwands war einmal mehr mickrig: Zu wesentlichen Fortschritten auf dem steinigen Weg zu einem neuen Weltklimavertrag und einer Annäherung in der Kernfrage der Treibhausgas-Minderung reichte es nicht. Das Ziel der Vorbereitungskonferenz, die Weichen für den nächsten Weltklimagipfel Ende des Jahres in Cancún (Mexiko) zu stellen, wurde bestenfalls in Ansätzen und auf Teilfeldern erreicht. Ein neuer Text für die weiteren Verhandlungen wurde dem Plenum vorgelegt, war aber sofort strittig und blieb offen. Der Text werde "nun die Basis für weitere Arbeit" sein, sagte UN-Klimachef Yvo de Boer. Die nächste Konferenz folgt wieder in Bonn.

Ernüchterndes Fazit für Klimaschützer

Der Stillstand von Kopenhagen ist auch ein halbes Jahr danach kaum überwunden. Offensichtlich mangelt es den Regierungen trotz wohlklingender Bekenntnisse zum Klimaschutz an ausreichendem politischen Willen, zu einem Konsensabschluss zu kommen. Stattdessen kam es in Bonn erneut dann zur Konfrontation, wenn es um die Substanz ging. Feste inhaltliche Vereinbarungen für den weiteren Weg gab es nicht. Umweltorganisationen kritisierten die Ergebnisse von Bonn als zu dürftig und als "schlechte Basis" für die weitere Klimapolitik.

Zur Vorbereitung des nächsten Weltklimagipfels Ende des Jahres in Cancún sollen - neben informellen Treffen - noch zwei weitere größere UN-Konferenzen stattfinden: Anfang August wiederum in Bonn und im Oktober in Peking.

Kaum Hoffnung für Cancún

Mit einem fertigen neuen Abkommen zum globalen Klimaschutz ist nach dem Fehlschlag von Kopenhagen allerdings auch in Cancún noch nicht zu rechnen. Dies hat auch der Ende Juni aus dem Amt scheidende Yvo de Boer immer wieder gesagt. Bisher war dann Ende 2012 Südafrika das nächste Ziel. Erstmals brachte de Boer nun schon das Jahr 2013 und Südkorea ins Spiel, wo der über-übernächste Gipfel stattfinden soll.

Die Bonner Konferenz habe nicht klären können, was in Cancún beschlossen werden solle, sagte der Klima-Koordinator von Greenpeace, Martin Kaiser. "Es ist auch nicht klar, wann ein ambitionierter und gerechter, globaler Klimavertrag unterzeichnet werden kann."

Abgesang für das Kyoto- Protokoll?

Möglicherweise reicht es in Cancún - dafür trommelt auch Yvo de Boer - für Teilpakete etwa zum Regenwaldschutz, zur Nutzung von klimafreundlicher Technologie in Entwicklungsländern und zu Hilfen für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels in ärmeren Ländern.

In Bonn zeichnete sich auch ein möglicher Abgesang für das Kyoto- Protokoll von 1997 ab. "Es gibt auf Seiten der Industrieländer keinen starken Willen, das Protokoll fortzuführen", sagte BUND-Klimaexpertin Antje von Broock. Für Yvo de Boer stellt sich die Lage so dar: "Am Ende hängt das Überleben des Kyoto-Protokolls davon ab, ob die USA sich zu ähnlichen Minderungen bei Treibhausgasen verpflichten."

Das Kyoto-Protokoll ist das bisher einzige international verbindliche Abkommen zum Klimaschutz mit festen Verpflichtungen für Industrieländer. Die USA und China, die mit Abstand größten Klimasünder, sind nicht dabei. Die erste Verpflichtungsperiode nach dem Protokoll läuft Ende 2012 aus.

Langfristziel in Klammern gesetzt

In dem beim Finale in Bonn vorgelegtem Verhandlungstext, über den die Staaten noch entscheiden müssen, wird die Erfordernis von "tiefen Einschnitten" beim globalen Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen betont. Noch in Klammern - also als Option - steht unter anderem das Langfristziel, die Erderwärmung auf 1,5 oder 2 Grad Celsius zu begrenzen.

Zudem steht im Entwurf, dass der Höhepunkt des globalen und nationalen Treibhausgas-Ausstoßes bis 2020 erreicht werden soll. Die globalen Emissionen sollen dann bis 2050 um insgesamt mindestens 50 bis 85 Prozent (gegenüber 1990) vermindert werden. Die Industrieländer allein sollen eine erhöhte Minderung von mindestens 80 bis 95 Prozent leisten. Bis 2020 sollen die Industrieländer eine Reduzierung von 25 bis 40 Prozent erreichen, wobei das Basisjahr noch offen gelassen ist.

Klima-Chef wiederholt Mahnung

Bisher liegen die freiwilligen Ankündigungen der Industrieländer aber noch deutlich unter dieser Spanne, die nach Einschätzung des Weltklimarats eine 50-prozentige Chance lässt, die Erderwärmung bis Ende des Jahrhundert auf zwei Grad zu begrenzen.

In Bonn gab es von Seiten der Industrieländer auch keine neuen Angebote oder Vorschläge. Deshalb mahnte sie auch Yvo de Boer: "Kräftigeres Handeln kann nicht weiter aufgeschoben werden." Der Niederländer wiederholte zum Abschied auch seine nüchterne Einschätzung: "In den nächsten zehn Jahren wird es nicht mehr zu schaffen sein, den Treibhausgas-Anstieg aufzuhalten."

Quelle: ntv.de, dpa

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