Politik

US-Kriegspolitik war angeblich das Motiv Boston-Attentäter berichtet Ermittlern

Drei Menschen sterben, mehr als 200 erleiden beim Anschlag auf den Boston-Marathon teils schwere Verletzungen.

Drei Menschen sterben, mehr als 200 erleiden beim Anschlag auf den Boston-Marathon teils schwere Verletzungen.

(Foto: REUTERS)

Noch steckt im Rachen des überlebenden Boston-Attentäters Dschochar Zarnajew ein Beatmungsschlauch. Trotzdem liefert der 19-Jährige den Ermittlern immer mehr Details zu Motiv und Hintergrund der blutigen Tat. Auch die Frau seines älteren Bruders bricht jetzt ihr Schweigen.

Die Kriege der USA in Afghanistan und im Irak waren ein Motiv für den Terroranschlag von Boston. Das berichten US-Medien und berufen sich auf Aussagen aus dem Verhör des jüngeren der beiden mutmaßlichen Bombenleger. Der 19-Jährige Dschochar Zarnajew, der schwer verletzt in einer Bostoner Klinik liegt, hat demnach auch seinen Bruder zum Drahtzieher des Attentats erklärt.

Dschochar Zarnajew konnte bisher nur schriftlich oder durch seine Gestik mit den Ermittlern kommunizieren. Er trägt auch Tage nach seiner gewaltsamen Festnahme einen Beatmungsschlauch im Rachen. Ein Regierungsbeamter sagte dem Sender CNN, dass die Aussagen des Verdächtigen noch überprüft werden müssten. Er zeigt sich aber offenbar durchaus kooperativ. So berichtete Dschochar Zarnajew laut den US-Medien, dass er und sein sieben Jahre älterer Bruder Tamerlan sich die Informationen zum Bau der Bomben aus dem Internet besorgt haben. Er fügte angeblich hinzu: Weder er noch sein Bruder, der bei der Verfolgungsjagd mit der Polizei am vergangenen Freitag ums Leben kam, hätten Kontakt zu ausländischen Terrorgruppen gehabt. Deutlich machte er aber, dass Tamerlan sich durchaus vom Heiligen Krieg hat motivieren lassen und den Islam retten wollte. Dabei hat laut Dschochar Zarnajew das Internet eine große Rolle gespielt.

Gestützt wird seine Aussage möglicherweise durch die Darstellung einer Bostoner Moschee. Die Brüder hätten das Gotteshaus nur sporadisch besucht, teilte die Islamische Gesellschaft von Boston mit. Der 19-jährige Dschochar sei "selten" bei Freitagsgebeten gesehen worden, der 26-jährige Tamerlan hätte die Moschee "unregelmäßig" aufgesucht.

Protest gegen Thanksgiving und Martin Luther King

Tamerlan Zarnajew fiel den Angaben zufolge allerdings durch störendes Verhalten auf. Die Moschee berichtete von zwei Vorfällen aus den vergangenen Monaten, bei denen er Predigten lautstark unterbrochen habe. Am 16. November protestierte der ältere Bruder demnach gegen die Aussage, dass Muslime auch traditionelle US-Feiertage wie das Erntedankfest Thanksgiving und den Unabhängigkeitstag am 4. Juli begehen dürften.

"Wir vergessen dich nicht": Laufschuhe an einer Absperrung zum "Ground Zero" von Boston.

"Wir vergessen dich nicht": Laufschuhe an einer Absperrung zum "Ground Zero" von Boston.

(Foto: dpa)

Am 18. Januar reagierte Zarnajew den Angaben zufolge wütend auf eine Predigt, die den afroamerikanischen Bürgerrechtler Martin Lu ther King lobte. Der junge Mann habe den Geistlichen dabei einen "Ungläubigen" genannt, der "die Gedanken der Leute verseucht". Andere Gemeindemitglieder hätten ihn daraufhin zum Verlassen der Moschee gedrängt.

Tamerlan war zwei Mal in Österreich

Bei dem Anschlag auf den Bostoner Marathonlauf waren am Montag vergangener Woche drei Menschen getötet und mehr als 260 weitere verletzt worden. Bei einer dramatischen Fahndung wurde Tamerlan in der Nacht zum Freitag getötet. Dschochar wurde am Abend darauf schwer verletzt festgenommen. Die Brüder stammen aus einer tschetschenischen Familie und hielten sich seit Jahren legal in den USA auf.

Am Dienstag wurde bekannt, dass der ältere der beiden Brüder, Tamerlan, zwei Mal in Österreich war. 2007 und 2009 soll er sich insgesamt etwa eineinhalb Wochen bei Box-Veranstaltungen in Salzburg und Innsbruck aufgehalten haben.

Frau Tamerlans kooperiert

Weitere Informationen über den verstorbenen Attentäter können sich die Ermittler nun auch von dessen Frau erhoffen. Nach Tagen der Stille brach sie ihr Schweigen und sicherte den Ermittlungsbehörden ihre Mithilfe zu. Die Frau Tamerlans ließ von ihren Anwälten Amato DeLuca und Miriam Weizenbaum eine Erklärung verlesen, in der sie mitteilte, sie sei erschüttert, dass ihr Mann und dessen jüngerer Bruder in den Anschlag verwickelt seien. "Das war ein vollkommener Schock", sagten die in Providence im Bundesstaat Rhode Island ansässigen Anwälte. Sie brachten auch die Trauer ihrer Mandantin über den Anschlag auf den Boston Marathon zum Ausdruck.

Die 24-Jährige hatte Tamerlan Zarnajew 2010 geheiratet. Das Paar hat eine dreijährige Tochter. US-Medien zufolge ist sie zum Islam konvertiert, nachdem sie ihren aus Tschetschenien stammenden Mann kennengelernt hatte.

Der überlebende Bruder muss sich nun vor einem Zivilgericht wegen des Gebrauchs von Massenvernichtungswaffen verantworten. Ihm droht die Todesstrafe. Bei der Explosion der beiden Sprengsätze im Zielbereich der traditionsreichen Laufveranstaltung waren am Montag vergangener Woche drei Menschen getötet und mehr als 200 verletzt worden.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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