CDU-Parteitag in Hessen Bouffier gewählt, Koch geehrt
12.06.2010, 17:01 UhrFührungswechsel in der hessischen CDU: Innenminister Bouffier wird zum Parteivorsitzenden gewählt. Der bisherige Landeschef Koch wird Ehrenvorsitzender. Beide sorgen sich um den Zustand der schwarz-gelben Koalition in Berlin.
Mit großer Mehrheit hat die hessische CDU den Innenminister des Landes, Volker Bouffier, zu ihrem neuen Vorsitzenden und somit zum Nachfolger von Roland Koch gewählt. Beim Landesparteitag im nordhessischen Willingen erhielt der 58-Jährige die Zustimmung von 96 Prozent der Delegierten. Das Ergebnis sei "ein guter Start", aber auch "eine große Herausforderung", sagte Bouffier nach seiner Wahl.
Der bisherige Landesvorsitzende Koch hatte Ende Mai seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Der Parteitag wählte ihn mit ebenfalls 96 Prozent zum Ehrenvorsitzenden. Bouffier ist ein langjähriger Weggefährte des sechs Jahre jüngeren Koch. Die CDU-Fraktion in Wiesbaden will ihn in der kommenden Woche offiziell auch als Kandidaten für das Amt des hessischen Ministerpräsidenten benennen. Der Wechsel auf diesem Posten ist für August geplant.
Bouffier würdigte seinen Vorgänger als "großen Mann" und den "erfolgreichsten Ministerpräsidenten, den Hessen je gehabt hat". Koch bedankte sich ausdrücklich nicht nur bei der Landes-CDU, sondern auch bei der hessischen FDP für die Zusammenarbeit. Jetzt sei es "Zeit, ein Zeichen zu setzen" und sich rechtzeitig neu aufzustellen, sagte Koch. Er gehe "ohne irgend einen Groll". Im November will Koch auch sein Amt als stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender abgeben; er schlug Bouffier auch hier als seinen Nachfolger vor.
Beide CDU-Politiker äußerten scharfe Kritik am Zustand der Regierungskoalition aus Union und FDP in Berlin: "Streit in der Sache ist nicht schlimm. Streit ist aber schlimm, wenn eine als Wunschbündnis angetretene Koalition sich selbst zerlegt", sagte Bouffier.
Koch wirbt für Wulff
Für die kommende Wahl des Bundespräsidenten mahnte Koch die Geschlossenheit des bürgerlichen Lagers an. Die Wahl sei eine politische Richtungsentscheidung. "Das ist nicht ein Casting-Verfahren, nicht eine Sammlung von Lebenswegen in ihrer Faszination", erklärte er mit Blick auf den Ex-DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck, den Kandidaten von SPD und Grünen.
In einer 75-minütigen Wahlrede forderte Bouffier eine "Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft". Das bedeute, "dass wir das Sozialstaatsprinzip anerkennen, es aber nicht gegen das Leistungsprinzip ausspielen". Höhere Steuern lehnte er ab. "Immer mehr Staat entmündigt auch den Bürger", sagte Bouffier. Die Gesellschaft dürfe aber nicht in Einzelinteressen ersticken. Insbesondere die Finanzwirtschaft müsse ihre "dienende Funktion" zurückfinden. "Raffgier" habe mit sozialer Marktwirtschaft nichts zu tun.
Mit breiter Mehrheit wählte der Parteitag zudem Hessens Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann und die CDU-Bundestagsabgeordnete Lucia Puttrich zu stellvertretenden Landesvorsitzenden. Daneben wurde der frühere Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung als CDU-Landes-Vize bestätigt.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa