Politik

"Mit beiden Beinen fest auf märkischem Boden" Brandenburger Politik-Urgestein übernimmt

Dietmar Woidke ist seit rund 20 Jahren in der Landespolitik aktiv.

Dietmar Woidke ist seit rund 20 Jahren in der Landespolitik aktiv.

(Foto: dpa)

Matthias Platzeck gibt sein Regierungsamt in Brandenburg aus gesundheitlichen Gründen auf, Nachfolger, auch an der Spitze der Landes-SPD, soll Innenminister Woidke werden. In der Potsdamer Staatskanzlei hat damit künftig einer das Sagen, der seinem Vorgänger in vielem ähnelt.

Die erste Bewährungsprobe als nächster Ministerpräsident Brandenburgs hat Dietmar Woidke bereits bestanden. "Er musste vom Kreuzfahrtschiff runtergeholt werden", sagte Noch-Regierungschef Matthias Platzeck bei der Vorstellung seines designierten Nachfolgers. Den jäh aus dem Urlaub gerissenen bisherigen Landesinnenminister pries Platzeck als Menschen, "der mit beiden Füßen fest auf dem märkischen Boden steht".

Woidke verbindet einiges mit Platzeck: Beide wohnen im Potsdamer Stadtteil Babelsberg, der an die ältesten Filmstudios Europas grenzt. Der Wohnort ist nicht die einzige Gemeinsamkeit zwischen dem 51-jährigen Woidke und Platzeck. Beide halten sich mit Joggen im Babelsberger Park fit, der einen idyllischen Blick auf die Glienicker Brücke über die Havel erlaubt. Und beide geben sich gerne gesellig. "Er ist ein Mensch, der Nähe sucht", sagte Platzeck über seinen designierten Nachfolger.

Der 1,94 Meter große Woidke gilt nicht als polarisierend, sondern eher als nachdenklich, diskussionsfreudig und offen für Kritik. "Ich hoffe immer auf den gesunden Menschenverstand", betonte er einmal, "manchmal gehe ich nochmal Joggen, um in Ruhe nachzudenken". Platzeck formulierte es so: "Er denkt erst und redet dann."

BER-Job bindet sich Woidke nicht ans Bein

Dass ihm schon länger die Nachfolge Platzecks zugetraut wird, freut ihn. "Das ist ein hohes Lob", sagte er dem RBB noch vor Bekanntgabe des Platzeck-Rücktritts zu den anhaltenden Spekulationen. "Allerdings weiß ich auch, dass Lob in der Politik Tagesgeschäft ist, und das kann morgen ganz anders aussehen."

Woidke will nun Ministerpräsident und SPD-Landeschef werden. Auf Platzecks Nachfolge als Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg verzichtet er aber. Dafür sei jemand mit Sachkompetenz gefragt, über die er selbst nicht verfüge, sagte Woidke. Die Flughafengesellschaft steht wegen der gescheiterten Eröffnung des Pannenflughafens BER in der Kritik.

Woidkes Heimat ist die 180 Kilometer entfernte südostbrandenburgische Lausitz-Stadt Forst. In der deutsch-polnischen Grenzregion wohnt immer noch Woidkes Familie. Der SPD-Politiker hat eine Tochter, die inzwischen Mitte 20 ist.

Polizisten nicht gut auf Woidke zu sprechen

Der studierte Agrarwissenschaftler war in den letzten Jahren der DDR wissenschaftlicher Assistent an der Ost-Berliner Humboldt-Universität und wechselte nach der Wende als Agrarexperte in die Kreisverwaltung von Spree-Neiße. In die SPD trat er 1993 ein und gelangte 1994 als Abgeordneter in den Landtag. Daneben engagierte sich Woidke in der Stadtverordnetenversammlung von Forst sowie im Kreistag seiner Heimatregion.

2004 wurde Woidke, der in seiner Freizeit Klassik wie Rockmusik hört, von Platzeck zum Agrarminister der damaligen Großen Koalition berufen. Nach dem Regierungswechsel fünf Jahre später holte Platzeck den kurzzeitigen SPD-Landtagsfraktionschef als Innenminister in die nun rot-roten Koalition von SPD und Linkspartei, nachdem Vorgänger Rainer Speer nach einer Affäre um Kindschaftsunterhalt zurücktreten musste.

Als Innenminister verstärkte Woidke an der deutsch-polnischen Grenze die Polizeikräfte, um der Grenzkriminalität entgegenzuwirken. Wegen der von ihm vorangetriebenen Polizeireform, die mit einem landesweiten Abbau von Polizeistellen verbunden ist, musste sich Woidke Kritik der Polizeigewerkschaften stellen.

Quelle: ntv.de, AFP

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