Amnestie für Folterer Brasilien lehnt Revision ab
30.04.2010, 09:30 UhrFolterer aus der Zeit der Militärdiktatur brauchen in Brasilien weiter nichts zu fürchten. Wie das Oberste Gericht des Landes entscheidet, regele jedes Volk die Entscheidung über den Umgang mit begangenen Verbrechen "gemäß der eigenen Kultur".
Der Oberste Gerichtshof Brasiliens hat eine Revision des Amnestiegesetzes für Folterverbrechen der Militärdiktatur abgelehnt. Sieben Richter stimmten gegen den Antrag des brasilianischen Anwaltsverbandes, zwei votierten dafür. Das 1979 vom Parlament verabschiedete Amnestiegesetz garantiert den Verantwortlichen aus der Zeit der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 Straffreiheit. In dieser Zeit wurden rund 400 Oppositionelle getötet oder verschwanden spurlos.

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Die Kläger argumentierten, die Amnestie dürfe nicht für Polizisten und Militärs gelten, die für Mord, Verschleppung, Folter oder sexuelle Misshandlung politischer Gefangener verantwortlich seien. Gerichtspräsident Cezar Peluso, der eine Änderung ablehnte, betonte, es verstehe sich von selbst, dass alle Richter in dem Gremium die begangenen Verbrechen aufs Tiefste ablehnten. Aber jedes Volk regele seine Probleme gemäß der eigenen Kultur und "Brasilien hat den Weg der Eintracht gewählt."
Während die Klage-Befürworter in der zwei Tage dauernden Verkündung in Brasília die Folterer als "Monster" bezeichneten und vor einem Vergessen der Gräueltaten warnten, betonte die Gegner, es sei nicht Sache des Gerichtes, sondern des Kongresses, das Gesetz zu ändern. Das Amnestie-Gesetz war 1979 unter General João Figueiredo erlassen worden.
Anders als die Nachbarländer Argentinien und Chile hat Brasilien niemanden aus der Zeit der Diktatur für Mord oder die weit verbreitete Folter von Dissidenten verurteilt. Menschenrechtler werfen dem lateinamerikanischen Land vor, bei der Aufarbeitung der Gräueltaten dem Rest des Kontinents hinterherzuhinken.
Armeearchive in Bolivien geöffnet
Unterdessen entschied das Oberste Gericht Boliviens, die Armeearchive zu öffnen. Die Anordnung wurde dem Generalstab in La Paz zugestellt, nachdem sich das Militär mehrere Tage lang geweigert hatte, die Entscheidung entgegenzunehmen. Sie soll helfen, die Befehlskette in der Zeit der Diktatur von Luis Garcia Meza (1980-81) offenzulegen und generell das Schicksal zahlreicher Verschwundener aus der Zeit zu klären. Seit 2009 beschäftigt sich eine Kommission mit dem Verschwinden linksgerichteter Oppositioneller und Gewerkschafter während der Diktaturen von 1964 bis 1982.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts