Politik

E-Mail-Betreff, Browserverlauf, Konto Braunschweig speichert wie wild

Wachsamer Löwe - Braunschweig führt Protokoll.

Wachsamer Löwe - Braunschweig führt Protokoll.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Piratenfraktion in Braunschweig fühlt sich überwacht. Zwei Monate lang werden von der Verwaltung die Aktivitäten der Internetnutzer im Stadtrat protokolliert, wenn sie das Netz des Rathauses nutzen wollen. Bei Unternehmen wäre das nicht erlaubte Vorratsdatenspeicherung. Die Stadt sagt lapidar: Wir sind kein öffentlicher Anbieter.

Vor knapp einer Woche haben die Piraten ihre Arbeit im Braunschweiger Rathaus aufgenommen. Ohne Internet ist für die Partei mit netzpolitischem Schwerpunkt die Arbeit jedoch nicht leicht. Denn: "Dienstanweisung Internet" heißt das Papier, das die kleine Fraktion im Braunschweiger Stadtrat nicht unterzeichnen will. Und das müsste sie akzeptieren, um den kostenfreien Zugang zum Netz zu bekommen. Wie Beamte und Angestellte der Verwaltung müssen darin Politiker schriftlich ihr Einverständnis erklären, dass ihre Daten gespeichert werden, zwei Monate auf Vorrat.

Der Piraten-Fraktionsvorsitzende Jens-Wolfhard Schicke-Uffmann sagte n-tv.de: "Wir sind nicht zufrieden mit der Situation". Und fordert den Stopp der Adressenspeicherung aller Fraktionen.

Volker Schmidt von der Fraktionsgeschäftsführung der Grünen sagte n-tv.de, er persönlich halte die Protokollierung für "völlig überflüssig, unnötig und nicht angemessen". Allerdings stehe es den Fraktionen frei, auf den kostenfreien Internetzugang der Verwaltung zu verzichten und auf eigene Rechnung den Anschluss eines externen Anbieters schalten zu lassen.

Löschen verboten

"Städtische Überwachung" nennen die Piraten die Handlungsweise der Verwaltung.

"Städtische Überwachung" nennen die Piraten die Handlungsweise der Verwaltung.

Die Piraten forderten Oberbürgermeister Gert Hoffmann von der CDU zu einer Stellungnahme auf. In dem Papier heißt es, die Betreffzeile aller verschickten und empfangenen E-Mails werde gespeichert, sämtlicher Datenverkehr protokolliert, inklusive Datentyp und Bezug zum Namen des Nutzers. Verboten ist den Politikern demnach auch, den Verlauf des Browsers, welche Webseiten in den vergangenen 20 Tagen besucht wurden, zu löschen. In Stichproben dürfen die Daten zudem kontrolliert werden, und das ohne Anlass.

In der Antwort hieß es jedoch: "Die Verbindungsdaten werden protokolliert, um sie für den Fall strafrechtlicher Verdachtsmomente unter Beteiligung des IT-Sicherheitsbeauftragten sichten zu können."

"Das ist allerhand"

"Den Umfang der stattfindenden Kontrolle würden wir schon kritisieren, wenn es hier nur um reguläre Mitarbeiterüberwachung gehen würde", heißt es in einer Mitteilung der Piraten. "Dass Herr Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann über seine Verwaltung vom Rat verlangt, sich freiwillig einer Überwachung auszusetzen – das ist schon allerhand", so Ratsfrau Claudia Jonda.

Momentan suche die Stadt nach "technischen Lösungen, den Datenverkehr zu trennen" heißt es aus dem Braunschweiger Rathaus. Für die Arbeit der Ratsmitglieder bedeutet das: Internet gratis gibt es nur mit gleichzeitiger umfassender Protokollierung ihrer Aktivitäten. "Das ist alle andere als lustig", meint der Pirat Dennis Plagge.

Parteikollege Schicke-Uffmann moniert zudem, dass man nur die zur Verfügung gestellten Computer samt Windows benutzen dürfe. Aber das ist ein anderes Problem.

Quelle: ntv.de

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