Politik

"Nicht am Grundgesetz rumfummeln" Breite Front gegen Jung

Der Vorschlag des Verteidigungsministers, die Bundeswehr zur Geiselbefreiung einzusetzen, wird vom Koalitionspartner SPD, den Grünen und der Polizeigewerkschaft heftig kritisiert.

Der Vorschlag von Verteidigungsminister Franz Josef Jung, die Bundeswehr bei der Geiselbefreiung im Ausland durch eine Grundgesetzänderung einzusetzen, stößt auf breite Ablehnung. "Dieser Ladenhüter von Herrn Jung wird nicht deshalb richtiger, wenn er ihn ständig wiederholt", sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold der "Frankfurter Rundschau". Auf keinen Fall dürfe die Bundeswehr im Inneren für polizei-hoheitliche Aufgaben eingesetzt werden. Auch die Grünen wiesen den Vorstoß strikt zurück. Der Vorschlag sei Unsinn und von der Sache her in keiner Weise notwendig, sagte ihr Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei. Jung solle "mit dem ständigen Bohren an der Verfassung" aufhören.

Kritik kam auch von der Deutschen Polizeigewerkschaft. "Die Bundesregierung muss endlich aufhören, am Grundgesetz herumzufummeln", sagte ihr Vorsitzender Rainer Wendt der "Berliner Zeitung". Eine Geiselbefreiung im Rahmen eines Anti-Terror-Einsatzes wie im Fall der "Hansa Stavanger" habe nichts mit dem Grundgesetz zu tun. Vielmehr müssten die Ministerien untereinander besser zusammenarbeiten. "Im Fall der Hansa Stavanger waren drei Ministerien zu dusselig, den Einsatz zu koordinieren", sagte Wendt.

Jung hält an Plänen fest

Jung hatte die Forderung nach einer Änderung des Grundgesetzes am Wochenende mit Blick auf das aus Piratenhand freigekommene deutsche Containerschiff "Hansa Stavanger" erhoben. "Wir sollten über eine Verfassungsänderung nachdenken, die der Bundeswehr den Zugriff dann ermöglicht, wenn die Polizei nicht handeln kann, da sie beispielsweise gar nicht am Ort des Geschehens ist", sagte er der "Bild am Sonntag". Spätestens nach der Bundestagswahl wolle er dieses Thema wieder auf die Tagesordnung setzten. Diese Diskussion sei "nicht nur mit Blick auf das Ausland zu führen, sondern auch mit Blick auf bestimmte Situationen im Innern".

Die Union hatte Jungs Forderung bereits im Mai im Bundestag diskutieren lassen, stieß aber auch damals schon bei der SPD und sämtlichen Oppositionsparteien auf Ablehnung.

SPD-Kanzlerkandidat und Außenminister Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die Debatte am Sonntag in Erfurt als unnötig. "Ich finde es nicht gut, dass jetzt versucht wird, aus der Rückkehr der Geiseln politisches Kapital zu schlagen." Bundesjustizministerin Brigitte Zypries schloss sich Steinmeier an. Die Bundeswehr dürfe bereits im Rahmen der Operation "Atalanta" vor dem Horn von Afrika Geiseln aus der Hand von Piraten befreien, eine Verfassungsänderung sei dazu nicht notwendig, sagte sie dem "Hamburger Abendblatt".

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen