Politik

BKA: Wir haben nur vermittelt Brite spitzelt linke Szene aus

Ein G8-Demonstrant verlor durch den Strahl eines Wasserwerfers 2007 in Heiligendamm sein linkes Augenlicht. Er verlangt 30.000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld von Mecklenburg-Vorpommern.

Ein G8-Demonstrant verlor durch den Strahl eines Wasserwerfers 2007 in Heiligendamm sein linkes Augenlicht. Er verlangt 30.000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld von Mecklenburg-Vorpommern.

(Foto: picture alliance / dpa)

Straßenblockade, Müllcontainer abgefackelt, ein bisschen Sex in der linken Szene: Welche Aufträge hat der britische Polizeispitzel Mark Kennedy alias Stone für die deutsche Polizei ausgeführt? BKA-Chef Ziercke bestätigt den Einsatz des verdeckten Ermittlers, unter anderem beim G8-Gipfel in Heiligendamm. Grüne und Linke verlangen Aufklärung.

Der Einsatz eines verdeckten britischen Ermittlers in der linken Szene schlägt auch in Deutschland hohe Wellen. Der Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, bestätigte im Bundestags-Innenausschuss, dass der Mann unter anderem beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm (Mecklenburg-Vorpommern) eingesetzt war. Das berichteten Teilnehmer der vertraulichen Ausschusssitzung. Grüne und Linke verlangen nun weitere Aufklärung von der Bundesregierung. In Heiligendamm hatten mehrere zehntausend Menschen gegen den G8-Gipfel demonstriert. Es kam zu teils heftigen Auseinandersetzungen linker Gruppen mit der Polizei.

Britische Medien hatten berichtet, dass der Polizist namens Mark Kennedy jahrelang verdeckt militante Protestgruppen in ganz Europa ausspionierte. Nach Angaben der Zeitung "Guardian" lebte der Mann seit 2003 unter dem Namen Mark Stone und horchte britische Klimaaktivisten, aber auch linke Gruppen in anderen europäischen Ländern aus. Im Zuge einer Protestaktion von Aktivisten am britischen Kraftwerk Ratcliffe-on-Soar im April 2009 flog er auf.

Länder schließen Verträge mit Briten

BKA-Chef Ziercke habe betont, dass der Einsatz in Deutschland in der Verantwortung der Landespolizeien gelegen habe, hieß es. Das BKA habe nur als Vermittler gedient. Mecklenburg-Vorpommern habe mit den britischen Stellen einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen. Baden-Württemberg - Baden-Baden war im Jahr 2009 Gastgeber des NATO-Gipfels - habe eine ähnliche Vereinbarung mit den Briten getroffen. Auch in Berlin hielt sich Kennedy den Angaben zufolge auf - angeblich aber nicht, um über die dortige linke Szene zu berichten.

Laut Ziercke sei Kennedy zwei Mal strafrechtlich in Deutschland aufgefallen, berichteten die Ausschussteilnehmer. In Heiligendamm beteiligte sich Kennedy an einer Straßenblockade - in Berlin war er in eine Brandstiftung an einem Müllcontainer involviert. "Der Spiegel" hatte kürzlich berichtet, dass Kennedy sexuelle Kontakte zu mehreren Frauen aus der linken Szene hatte. Ziercke habe betont, dass dies gegen die Regeln für den Einsatz verdeckter Ermittler sei.

Einsatz als "Agent Provocateur"?

Die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linken, Ulla Jelpke, sagte in der Sitzung des Bundestags-Innenausschusses vom Mittwoch seien viele Fragen offen geblieben. Sie sieht weiteren Aufklärungsbedarf - insbesondere zur Frage, inwieweit Kennedy linke Aktivisten zu Straftaten angestachelt haben könnte. Der Verdacht, dass Kennedy sich als "Agent Provocateur" an Straftaten beteiligt hat, sei nach der Sitzung des Bundestagsausschusses "nicht ausgeräumt."

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sagte, es sei zum Beispiel noch unklar, ob der Brite für seinen verdeckten Einsatz von britischen oder auch von deutschen Stellen bezahlt worden sei.

Ströbele forderte die Bundesregierung auf darzulegen, welche Aufträge Kennedy genau erteilt worden sind. Zudem verlangte Ströbele "klare Regeln" für den Einsatz verdeckter Ermittler: "Hier muss die Bundesregierung auch gesetzgeberisch tätig werden."

Jelpke bezeichnete es als "ungeheuerlich", dass "legale und legitime" Protestbewegungen über Jahre hinweg bespitzelt worden seien.

Quelle: ntv.de, dpa

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