Bosnischer Ex-Präsident in U-Haft Briten nehmen Ganic fest
01.03.2010, 22:05 UhrDie britische Polizei nimmt den ehemaligen bosnischen Präsidenten Ganic auf dem Flughafen Heathrow fest. Dem 63-Jährigen werden Kriegverbrechen während des Bosnienkriegs 1992 bis 1995 vorgeworfen.
Der frühere bosnische Präsident Ejup Ganic ist wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen auf dem Londoner Flughafen Heathrow festgenommen worden. Wie die britische Polizei mitteilte, stellten die serbischen Behörden einen vorläufigen Auslieferungsantrag. Darin wird dem 63-Jährigen die Tötung verletzter Soldaten während des Bosnienkrieges zwischen 1992 und 1995 vorgeworfen.
Britische Grenzbeamte nahmen Ganic bei der versuchten Ausreise in Gewahrsam, teilte Scotland Yard mit. Ein Richter las ihm später den Antrag auf einen vorläufigen Haftbefehl der serbischen Regierung vor. Sie will seine Auslieferung erwirken. Ganic bleibt demnach in Untersuchungshaft. Er soll am 29. März erneut vor Gericht erscheinen.
Belgrad müsse nun einen vollständigen Antrag stellen, damit ein Auslieferungsverfahren eröffnet werden kann, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Ganic war bereits 2006 auf der Durchreise nach Libyen in London-Heathrow festgenommen worden. Die Briten ließen ihn aber einen Tag nach seiner Festnahme überraschend wieder frei.
Die serbische Justizministerin Snezana Malovic kündigte an, am Dienstag einen offiziellen Antrag nach Großbritannien zu senden. Die bosnische Staatsanwaltschaft erklärte ihrerseits, dass wegen der gleichen Vorwürfe gegen Ganic schon in Bosnien ermittelt würde. Daher könne er nicht nach Serbien ausgeliefert werden, sagte Staatsanwalt Milorad Barasin im Regionalfernsehen.
Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention
Ganic und 18 weitere Beschuldigte sollen die Tötung unbewaffneter Soldaten der jugoslawischen Armee im Mai 1992 verantwortet und damit gegen die Genfer Menschenrechtskonventionen verstoßen haben. Ganic war 1992 bis 1996 Vizevorsitzender des Staatspräsidiums von Bosnien-Herzegowina. Zwischen 1997 und 2001 war er jeweils zwölf Monate abwechselnd Präsident und Vizepräsident der bosnisch-kroatischen Föderation. Sie wurde im Rahmen des Friedensabkommens von Dayton zur Teilrepublik von Bosnien-Herzegowina erklärt.
Beim Angriff bosnischer Milizen auf die unter UN-Schutz aus der Hauptstadt Sarajevo abziehenden Truppen wurden 1992 nach serbischen Angaben 42 Soldaten getötet und 73 verletzt. Ganic wies jede Schuld für den Angriff zurück. Diese "falschen serbischen Anschuldigungen" habe schon das UN-Kriegsverbrechertribunal abgelehnt, sagte Ganic, der heute als Manager einer Privatschule in Sarajevo arbeitet.
Quelle: ntv.de, dpa/rts