Politik

Im Himmelreich des Dirndls Brüderle muss einstecken

Rainer Brüderle: In der Heimat der Dirndl konnte er dieser Tage nur verlieren.

Rainer Brüderle: In der Heimat der Dirndl konnte er dieser Tage nur verlieren.

(Foto: dpa)

Bierzeltstimmung und Schenkelklopfer - mit beidem kennt sich der FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle aus. Der liberale Dampfplauderer ist der geborene Aschermittwochs-Redner. Doch allem Kalauer-Talent zum Trotz sorgt er durch seinen Auftritt in Bayern vor allem für eines: Spott.

Eigentlich wollte sich Sahra Wagenknecht für ihren Auftritt beim politischen Aschermittwoch in ein Dirndl zwängen. Doch den Anhängern der Linken zeigte sich ein anderes Bild, als die stellvertretende Vorsitzende der Partei vor das Rednerpult im niederbayerischen Tiefenbach trat: Wagenknecht trägt ein schwarzes Jackett mit Stehkragen, der fast bis zu ihren Wangenknochen reicht. Zugeknöpfter geht es kaum – zumindest für bayerische Verhältnisse. Wie konnte es dazu kommen? Wagenknecht sagt: "Mich hat der Mut verlassen." Dann fügt sie hinzu: "Ich habe nämlich gehört, Rainer Brüderle soll heute hier in der Nähe sein."

Sahra Wagenknecht: Der Kragen reicht fast bis zu ihren Wangenknochen.

Sahra Wagenknecht: Der Kragen reicht fast bis zu ihren Wangenknochen.

(Foto: dapd)

Kein Politiker musste beim diesjährigen politischen Aschermittwoch derart einstecken, wie der Spitzenkandidat der FDP für die Bundestagswahl. Kein Wunder: Am politischen Aschermittwoch spielen Etikette und politische Korrektheit traditionell keine Rolle. Das Gegenteil ist erwünscht. Wer hier punkten will, punktet mit Schlägen unter die Gürtellinie. Und da bietet Brüderle derzeit die weitaus größte Angriffsfläche.

Nachdem die Stern-Reporterin Laura Himmelreich Ende Januar ein Brüderle-Portrait veröffentlicht hatte, hängen dem 67-Jährigen Sexismus-Vorwürfe an. Die 29 Jahre alte Journalistin beschrieb in dem Artikel, wie Brüderles Blick bei einem Gespräch am Rande des Dreikönigstreffens vor einem Jahr auf ihren Busen wanderte. Und sie schrieb, was er damals sagte: "Sie können ein Dirndl auch ausfüllen."

Der Schweinehund als Spitzenkandidat

Selbst Brüderles Parteikollege, der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil, konnte da einer Anspielung nicht widerstehen. Er begrüßte Brüderle im "Land der Dirndl und Denker". Deutlich schärfer formulierte der Grüne Jürgen Trittin: "Wir versuchen alle, vor allem nach Aschermittwoch, unseren inneren Schweinehund zu überwinden", sagt er. "Die FDP macht ihn zum Spitzenkandidaten."

Brüderle versuchte, sich davon völlig unbeeindruckt zu zeigen. Seiner Linie, sich zu den Vorwürfen nicht zu äußern, blieb er treu. Der als "Dampfplauderer" bekannte Brüderle gab sich stattdessen mit Verve einer klassischen Aschermittwochs-Rede hin. Das heißt: Wortwitz auf Schenkelklopferniveau im Minutentakt.

Peer Steinbrück nannte er den "Möchtergernsparkassendirektor mit einer Vorliebe für Eierlikör." Und nachdem der SPD-Kanzlerkandidat mit Honoraren und seiner Kritik am Gehalt der Bundeskanzlerin im klassischen sozialdemokratischen Klientel für Missgunst gesorgt hat, verspottete er ihn mit den Worten: "Keine Sorge, lieber Peer: Die Wähler ersparen Dir das Armenhaus im Kanzleramt."

Don Blech von der Vermögenssteuer-Stasi

Den bayrischen Landesvorsitzenden der Sozialdemokraten nannte er so farblos, dass er "bei Obi als weiße Tapete" anfangen könnte. Und Grünen-Spitzenkandidat Trittin bezeichnete er als eine Kombination aus Mao und Dosenpfand, als den "Don Blech der deutschen Politik". Und er sprach wieder einmal von der "grünen Vermögenssteuer-Stasi".

Um das Ganze abzurunden, ließ er auch den Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit nicht aus. "Die Hauptstadt hat den einzigen Flughafen der Welt, den man nur per Land erreichen kann", sagte er und fügte hinzu, dass der Bau des schiefen Turms von Pisa ein Erfolgskonzept im Vergleich zu sozialdemokratischen Vorhaben wäre.

Lieber Brüderle bei Nacht, als Roth zum Frühstück

Bei seiner Rede zeigte sich Brüderle, der für seine Jovialität bekannt ist, ganz in seinem Metier. Doch obwohl er, zumindest in den Maßstäben von Aschermittwochsveranstaltungen, in diesem Jahr der wohl brillanteste Mann am Podium war, half ihm sein angriffslustiger Auftritt wenig.

In der Heimat der Dirndl konnte Brüderle dieser Tage nur verlieren. Selbst der Versuch, ihm den Rücken zu stärken, klang in Bayerns Bierzelten und Festhallen wie ein Tiefschlag. Alexander Dobrindt sagte: "Der hat's nicht immer leicht, er wird ja auch oft politisch missverstanden." Dann fügte der Generalsekretär der CSU hinzu: "Deshalb will ich mal unmissverständlich sagen: Lieber nachts um zwölf Rainer Brüderle an der Hotelbar, als Claudia Roth zum Frühstück."

Quelle: ntv.de

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