Dresden wehrt sich gegen Rechts Bürger blockieren Neonazis
13.02.2012, 20:57 Uhr
Die Neonazis hatten keine Chance, die Innenstadt zu erreichen. Dort fanden friedliche Proteste statt.
(Foto: dpa)
Erneut schaffen es Neonazis nicht, die Dresdner Bombennacht von 1945 für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Tausende Demonstranten blockieren friedlich den Aufmarsch der Rechtsextremisten. Die Polizei wirkt deeskalierend. Zuvor hatte die Stadt still seiner Zerstörung und der Opfer des Zweiten Weltkriegs gedacht.
Unter dem Protest von mehreren tausend Gegendemonstranten und eskortiert von Polizisten sind bis zu 1000 Rechtsextremisten aus ganz Deutschland in Dresden auf die Straße gegangen. Mit Fackeln, Plakaten und Bannern kamen sie am Jahrestag der Zerstörung Dresdens vor 67 Jahren aber nur stockend voran. Wegen der massiven Präsenz von Gegendemonstranten konnten sie nur auf einer deutlich verkürzten Strecke laufen.
Zudem waren weniger Neonazis angereist als von den Organisatoren erwartet. Diese hatten mit rund 2000 Teilnehmern gerechnet. Unter den Rechtsextremisten war auch NPD-Chef Holger Apfel, der zugleich Fraktionsvorsitzender seiner Partei im sächsischen Landtag ist.
In Sicht- und Hörweite protestierten Gegendemonstranten mit "Nazis raus"-Rufen. Die Polizei hatte alle Zugänge zu der Strecke weiträumig abgeriegelt, in der Luft kreisten Hubschrauber. Im Vorfeld des Neonazi-Aufmarschs hatte das Bündnis "Dresden nazifrei" zu Blockaden aufgerufen. Die Polizei sprach lediglich von "großen Menschenansammlungen". Dass die verkürzte Route damit zusammenhängt, wollte sie nicht bestätigen.
Kilometerlange Menschenkette
Zuvor hatten mehr als 13.000 Dresdner und Gäste eine Menschenkette um die Innenstadt gebildet und damit ein deutliches Zeichen gegen Nationalsozialismus, Rassismus und Gewalt gesetzt. Auch in Predigten und Reden wurde daran erinnert, dass das millionenfache Leid im Zweiten Weltkrieg seinen Ursprung in Nazi-Deutschland hatte.
Die Menschenkette zog sich etwa 3,6 Kilometer lang über die Elbe durch Alt- und Neustadt. Sie gaben ein klares Bekenntnis gegen den Missbrauch des Gedenktages durch Rechtsextremisten ab. "Unsere Stadt steht fest zusammen, mit Mut, Respekt und Toleranz", sagte der amtierende Bürgermeister Dirk Hilbert (FDP) vor dem Rathaus. Auch Landtagspräsident Matthias Rößler, Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich und der frühere Regierungschef Kurt Biedenkopf (beide CDU) reihten sich ebenso in die Menschenkette ein.
NPD kann ferngehalten werden
Unter dem Geläut der Kirchenglocken reichten sich die Teilnehmer Punkt 18.00 Uhr für zehn Minuten die Hände und schlossen den Ring. Angereist waren auch Bundespolitiker wie Wolfgang Thierse (SPD), Petra Pau (Linke), die Grünen Claudia Roth, Cem Özdemir, Renate Künast und Jürgen Trittin oder der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer. "Die Dresdner haben mit ihrem stillen Gedenken eine wichtige und respektvolle Form gefunden, sich nicht instrumentalisieren zu lassen", lobte Kramer.
Bei einer Friedensandacht in der Frauenkirche hatte Pfarrer Holger Treutmann zuvor ein deutliches Zeichen der Gegenwehr angemahnt. Die Frauenkirche war 1945 ausgebrannt und eingestürzt und gilt seit ihrem Wiederaufbau als Symbol für Frieden und Versöhnung. Vor der Kirche formten Passanten später aus tausenden Lichtern mit Namen von Opfern der Dresdner Luftangriffe eine meterlange Kerze auf dem Pflaster.
Bei der offiziellen Feier der Stadt auf dem Heidefriedhof wurde der etwa 25.000 Toten der Bombennächte vom 13./14. Februar 1945 gedacht. Teilnehmer legten an der letzten Ruhestätte vieler Opfer weiße Rosen als Zeichen für die Überwindung von Krieg, Rassismus und Gewalt nieder. Erstmals war es gelungen, die rechtsextreme NPD von der Veranstaltung fernzuhalten.
2010 und 2011 hatten Tausende Gegendemonstranten Neonazi-Märsche verhindert. Bei Ausschreitungen von Linken und Rechten waren im vergangenen Jahr mehr als 100 Polizisten verletzt worden. Ein Großaufgebot von 5800 Beamten aus mehreren Bundesländern sowie der Bundespolizei sollte das diesmal durch Deeskalation verhindern.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa