Politik

Angriff von Kundus Bund entschädigt Opfer

(Foto: dpa)

Die Bundesregierung will die Angehörigen der zivilen Opfer des Luftangriffs in Nordafghanistan möglichst schnell entschädigen. Das teilten Regierungssprecher Ulrich Wilhelm und der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Christian Dienst, in Berlin mit.

Wie die Entschädigung konkret umgesetzt werden soll, verhandele das Ministerium nun mit einem Anwalt der Angehörigen. Man habe sich an den Anwalt Karim Popal in Bremen gewandt, sagte Dienst.

Der deutsch-afghanische Rechtsanwalt Popal hat nach eigenen Angaben 78 Vollmachten von Hinterbliebenen des Luftschlags vom 4. September, bei dem bis zu 142 Menschen getötet und verletzt worden waren - darunter auch viele Zivilisten. Ein deutscher Oberst hatte US-Kampfjets zur Bombardierung zweier von Taliban entführter Tanklastwagen im nordafghanischen Kundus angefordert.

"Es wird eine Lösung geben"

(Foto: dpa)

Dienst sagte, es werde geprüft, ob es im Sinne der Angehörigen außergerichtlich eine Lösung geben könne, um einen möglicherweise jahrelangen Rechtsstreit zu vermeiden. Dazu gehöre die Frage, wer anspruchsberechtigt sei. "Fakt ist, es wird eine Lösung geben." Auf die Frage, wie man dabei zwischen zivilen Opfern und sonstigen Toten unterscheiden wolle, sagte Dienst: "Das werden die Verhandlungen mit sich bringen." Die Verhandlungsrichtung sei aber nicht, möglichst wenig zivile Opfer herauszuhandeln. "Man wird einen objektiv vernünftigen Ansatz finden, unter dem man sich dann unter Umständen möglichst außergerichtlich einigt."

Popal hatte zuvor erklärt, er hoffe auf eine außergerichtliche Einigung mit der Bundesregierung. Scheitere dies, wolle er auf Schadenersatz wegen fehlerhaften und grob fahrlässigen Verhaltens der Bundeswehr klagen. Dienst sagte nun, die Bundeswehr habe einen eigenen Anspruch, sich um die Hinterbliebenen kümmern zu wollen. Zu klären sei dabei auch, ob neben den Hinterbliebenen, die Popal vertrete, weitere Menschen berechtigte Ansprüche hätten.

Langfristige Entschädigung

Popal bezeichnete die Zusage der Bundesregierung als Erfolg. "Die Frage ist aber, wie die Opfer und die Hinterbliebenen entschädigt werden sollen", sagte der Rechtsanwalt in Bremen. "Unser Ziel ist, dass sie eine langfristige Entschädigung erhalten." Das könne zum Beispiel ein Fonds sein, der zumindest das Existenzminimum der Verletzten und der Familien der Toten sichere. "Es reicht nicht, denen 1000 oder 2000 Euro in die Hand zu drücken." Am Mittwoch will Popal erneut nach Afghanistan reisen, um sich mit seinen Mandanten zu treffen.

Einer der angegriffenen Tanklaster nach dem Luftschlag.

Einer der angegriffenen Tanklaster nach dem Luftschlag.

(Foto: AP)

Die afghanische Regierung zahlte bereits Entschädigungen: je 2000 US-Dollar für Angehörige von Getöteten, 1000 US-Dollar für solche von Verletzten. Im August 2008 hatte ein deutscher Oberfeldwebel nahe Kundus an einem Kontrollposten einen Feuerstoß auf ein verdächtiges Fahrzeug abgegeben und dabei eine Frau und zwei Kinder getötet. Auch deren Angehörigen war eine Entschädigung gezahlt worden.

Massiveres Bombardement abgelehnt

Unterdessen hat die Bundeswehr Berichten widersprochen, usprünglich habe man weitere Bombenabwürfe angestrebt. Vielmehr sehe man sich durch den geheimen Nato-Bericht über den Luftangriff auf zwei Tanklastzüge bei Kundus entlastet. Die deutschen Soldaten hätten eine wesentlich massivere Bombardierung abgelehnt, sagte Dienst. "Man hat bei einem wesentlichen höherem Angebot seitens der Flieger begonnen." So hätten die Piloten den Abwurf von mehr als sechs Bomben angeboten. Die deutschen Befehlshaber hätten sich dann mit den Fliegern auf den Abwurf von zwei der kleinsten Bomben geeinigt. Dies gehe aus dem Bericht hervor, dessen Veröffentlichung die Nato trotz gegenteiliger Bitten von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg verweigere.

Der Sprecher warf dem "Spiegel" vor, aus dem Zusammenhang heraus aus dem geheimen Bericht zu dem umstrittenen Angriff in Nordafghanistan zu zitieren. Bei vollständiger Lektüre entlaste das Papier die deutschen Verantwortlichen. Das Magazin hatte am Wochenende berichtet, die Bundeswehr habe anders als die US-Piloten einen sofortigen Luftangriff auf die beiden entführten Tanklaster verlangt. Die Besatzung des Jagdbombers dagegen habe mehrfach Tiefflüge statt des Angriffs vorgeschlagen. Weiter schrieb der "Spiegel", ein US-Kommandeur habe berichtet, der deutsche Fliegerleitoffizier habe sechs Bomben gefordert. Die Besatzung des Jagdbombers habe dagegen zwei für ausreichend gehalten.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen