Politik

Rückendeckung für Guttenberg Bund offen für Taliban-Gespräche

Mit den jüngsten Äußerungen von Verteidigungsminister Guttenberg deutet sich eine Änderung der deutschen Afghanistan-Strategie an. Auch der Afghanistan-Beauftragte der Regierung meint, dass man mit den Taliban sprechen müsse. Der damalige SPD-Chef Beck hatte dies schon 2007 vorgeschlagen - und war dafür auch von Guttenberg kritisiert worden.

Ein US-Soldat in der afghanischen Provinz Khost. Die Nato fordert auch von Deutschland mehr Truppen.

Ein US-Soldat in der afghanischen Provinz Khost. Die Nato fordert auch von Deutschland mehr Truppen.

(Foto: REUTERS)

Zur Stabilisierung der Lage in Afghanistan ist die Bundesregierung offenbar auch für Verhandlungen mit radikalen Taliban offen. Der Afghanistan-Beauftragte der Regierung, Bernd Mützelburg, habe im Auswärtigen Ausschuss angekündigt, in eine Friedenslösung für das Land müssten langfristig auch die Kriegsverbrecher der Vergangenheit einbezogen werden, berichtete der "Tagesspiegel". Für die Ergebnisse einer Verhandlungslösung müssten allerdings "rote Linien" gelten.

Auch der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, sprach sich für solche Gespräche aus. Militärisch werde man die Taliban zwar zurückdrängen, aber nicht besiegen, sagte er der "Stuttgarter Zeitung".

Auch Karsai signalisiert Offenheit.

Auch Karsai signalisiert Offenheit.

(Foto: dpa)

Der afghanische Präsident Hamid Karsai ist schon länger zu Verhandlungen mit den Taliban bereit. Hochrangige ehemalige Taliban hatten bereits Ende 2008 eine Vermittlungsinitiative zwischen Karsai und früheren Kriegsherren wie dem Taliban-Chef Mullah Mohammad Omar und Gulbuddin Hekmatya gestartet. Als Grundlage für Friedensverhandlungen forderten die Unterhändler Asyl für die Taliban und andere bewaffnete Gruppen. Auch Saudi-Arabien und einige westliche Staaten mit Truppen am Hindukusch sollen an den Gesprächen beteiligt sein.

Beck signalisierte schon 2007 Gesprächsbereitschaft

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte am Wochenende gesagt, dass man zur Stabilisierung der Lage in Afghanistan unter Umständen auch mit gemäßigten Taliban sprechen müsse. Bereits im April 2007 hatte der damalige SPD-Chef Kurt Beck einen ähnlichen Vorstoß gewagt. Beck sprach sich seinerzeit für neue internationale Gespräche über eine Befriedung des Landes nach dem Vorbild der Petersberg-Konferenz von Ende 2001 aus. "Wir können die Möglichkeit der nationalen Versöhnung unter Einbeziehung der Taliban ausloten", sagte Beck damals. Er fügte hinzu, eine Einbeziehung der Taliban müsse "aus einer Position der Stärke" erfolgen.

Beck stieß damals mit seinem Vorstoß allerdings auf heftigen Widerstand besonders in der Union. Zu den schärfsten Kritikern von Gesprächen mit gemäßigten Taliban zählte der damalige außenpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Eckart von Klaeden (CDU). "Es gibt keine moderaten Taliban. Wären sie moderat, wären sie keine Taliban", sagte von Klaeden. Die radikalen Islamisten an den Verhandlungstisch zu holen, "wäre eine internationale Aufwertung der Taliban, die die Autorität der gewählten Regierung von Präsident Hamid Karsai beschädigen würde".

Mützenich für klare Afghanistan-Ziele

Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl nannte Becks Vorstoß damals irreal und sprach von einer "abenteuerlichen Vorstellung". Auch Guttenberg selbst bezeichnete den Vorschlag von Beck seinerzeit als "irreführend". Der damalige CSU-Außenpolitiker sagte, außer Beck und dem seinerzeitigen Vize-Regierungssprecher Thomas Steg, der sich zurückhaltend zum Vorstoß des SPD-Chefs geäußert hatte, kenne er "niemanden, der je einen vernünftigen Taliban getroffen hätte".

"Jetzt wird Regierungslinie, wofür Kurt Beck damals vor allem von der Union furchtbare Prügel bezogen hat", sagte der SPD-Abgeordnete Rolf Mützenich. Zugleich forderte er die Bundesregierung auf, noch vor der Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London Klarheit über ihre Ziele am Hindukusch zu schaffen. "Die Bundesregierung muss auch darlegen, welche Kriterien für eine Zusammenarbeit mit jenen Kräften gelten sollen, die den Aufbau Afghanistans bislang bekämpft haben", sagte er dem "Tagesspiegel".

Von ursprünglichen Zielen abgerückt

Unter der Herrschaft Mullah Omars wurden vor allem Frauen unterdrückt.

Unter der Herrschaft Mullah Omars wurden vor allem Frauen unterdrückt.

(Foto: AP)

Je mehr sich die Sicherheitslage in den vergangenen Jahren verschlechtert hatte, desto stärker war auch die deutsche Politik von ihrem ursprünglichen Ziel abgerückt, in Afghanistan eine Demokratie nach westlichem Vorbild zu errichten. Inzwischen werden meist nur noch die Schaffung von Sicherheit und die Übergabe der Sicherheitsverantwortung in afghanische Hände als Ziel genannt.

Mullah Omar ist der Anführer der Taliban in Afghanistan und war in den Jahren der Herrschaft der Islamistenbewegung, in denen vor allem Frauen grausam unterdrückt wurden, de facto Staatschef des Landes. Bis heute fahnden die USA nach dem Einäugigen, der in Pakistan vermutet wird. Hekmatyar ist Chef der islamistischen Gruppe Hisb-i-Islami, die auch im deutschen Verantwortungsbereich im Norden Afghanistans Anschläge und Angriffe verübt. Auch Hekmatyar wird von den USA gesucht. Die Taliban lehnen Gespräche mit der afghanischen Regierung ab, solange ausländische Truppen im Land stehen.

Quelle: ntv.de, rts/AFP

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