Sicherheit in Afghanistan Bundesregierung sieht Trendwende
11.12.2011, 11:34 Uhr
Wieder einmal rollte eine Welle der Gewalt durchs Land. 80 Menschen fielen ihr zum Opfer.
(Foto: AP)
Es war der schlimmste Ausbruch religiös motivierter Gewalt seit dem Sturz der Taliban: Die Anschläge pakistanischer Terroristen vom Dienstag forderten offenbar noch mehr Todesopfer als zunächst bekannt. Die Bundesregierung spricht im aktuellen Fortschrittsbericht zum Afghanistan-Einsatz dennoch von einer Trendwende in puncto Sicherheit.
Bei Selbstmordanschlägen auf schiitische Pilger in Afghanistan sind am Dienstag offenbar mehr Menschen ums Leben gekommen als bislang bekannt. Nach neuesten Erkenntnissen seien 80 Menschen getötet worden, sagt der Präsident des Landes, Hamid Karsai. Es ist unklar, ob er sich nur auf das Attentat in einem Kabuler Schrein, bei dem nach früheren Angaben 55 Menschen ums Leben gekommen waren, bezog oder auch auf zwei weitere Anschläge in anderen Städten. Die Anzahl der Toten bei allen drei Attentaten wurde zunächst mit 59 angegeben.
Bei den Vorfällen am Dienstag handelt es sich um den schlimmsten Ausbruch religiös motivierter Gewalt seit dem Sturz der Taliban. 160 Menschen trugen teils schwere Verletzungen davon. Die Anschläge ereigneten sich nur einen Tag nach Ende der Afghanistan-Konferenz in Bonn, bei der die internationale Gemeinschaft versicherte, das Land auch nach dem Abzug ihrer Truppen zu unterstützen. Karsai machte eine pakistanische Islamisten-Gruppe für die Attentate verantwortlich.
Sicherer - trotz aller Rückschläge
Die Bundesregierung verzeichnet dennoch eine Trendwende: Die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich 2011 erstmals seit Jahren wieder verbessert. "Der Trend einer sich von Jahr zu Jahr verschlechternden Sicherheitslage ist vorerst gebrochen", heißt es nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt im Fortschrittsbericht zum Afghanistan-Einsatz, der an diesem Mittwoch im Bundeskabinett beraten werden soll. Im Vergleich zu 2010 könne man trotz schmerzhafter Rückschläge von einer Verbesserung sprechen.
Der 80-seitige Bericht soll zusammen mit der Mandatsverlängerung im Kabinett beraten werden. Am Donnerstag gibt Außenminister Guido Westerwelle eine Regierungserklärung dazu im Bundestag ab.
2011 sei mit dem Beginn der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen und der beginnenden Reduzierung der internationalen Truppen ein Schlüsseljahr für Afghanistan gewesen, heißt es in dem Bericht den Angaben zufolge. Der vor zwei Jahren eingeleitete Strategiewechsel hin zu einer massiv verstärkten Ausbildung afghanischer Soldaten und Polizisten wird von der Bundesregierung als Erfolg gewertet.
Defizite bei der Besetzung von Posten
Der Aufbau der staatlichen Institutionen in Afghanistan lässt aus Sicht der Bundesregierung allerdings auch zehn Jahre nach Beginn des internationalen Militäreinsatzes zu wünschen übrig. Ämter in Politik und Verwaltung würden oft willkürlich vergeben, heißt es in dem Entwurf des Fortschrittsberichts.
Laut "Spiegel" bemängelt die Bundesregierung, dass Eignung, Befähigung und Leistung bei der Besetzung von Posten in der Verwaltung eine untergeordnete Rolle spielten. Der afghanischen Regierung gelinge es nicht ausreichend, die berechtigten Erwartungen der Bevölkerung zu erfüllen. Auch die Menschenrechtslage verbessere sich nur langsam.
Der Bericht wird mit einem Abschnitt zur Afghanistan-Konferenz in Bonn vom vergangenen Montag eingeleitet und ist in drei Kapitel zu den Themen Sicherheit, Staatswesen/Regierungsführung sowie Wiederaufbau/Entwicklung unterteilt. Die Fortschrittsberichte zu Afghanistan werden von der Bundesregierung jedes Jahr unter Federführung des Auswärtigen Amts erstellt.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP