Politik

Russland prüft Asyl für US-Informant Snowden Bundesregierung wusste nichts von PRISM

Im Fokus der Weltpresse: US-Informant Edward Snowden

Im Fokus der Weltpresse: US-Informant Edward Snowden

(Foto: REUTERS)

In Europa häuft sich die Kritik an der Datensammelwut des US-Geheimdienstes NSA - das umstrittene Spähprogramm PRISM wird nun auch im Bundestag zum Thema. Die nun bekannt gewordene Geschichte eines Journalisten über die Kontaktaufnahme zu dem untergetauchten Informanten liest sich indes wie ein Agententhriller.

Eine Woche vor dem Besuch von US-Präsident Barack Obama in Berlin befasst sich der Bundestag mit dem umstrittenen Daten-Überwachungsprogramm der USA. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG), das für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig ist, zog seine Sitzung um eine Woche auf Mittwoch vor. Der Chef des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, sagte, er und seine Abteilungsleiter hätten nichts vom Umfang von PRISM gewusst.

Wie Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) mitteilte, sollten in der PKG-Sitzung "ein paar Grundfragen" geklärt werden, unter anderem, wie die deutschen Geheimdienste den Vorgang bewerteten und in welchem Umfang Deutsche betroffen seien. Medienberichten zufolge sammelte der US-Geheimdienst NSA außerhalb der USA in Deutschland die meisten Daten.

"Überbordende Kommunikationsüberwachung"

Das PKG soll die Nachrichtendienste des Bundes überwachen, dazu gehören Bundesnachrichtendienst (BND), der Militärische Abschirmdienst (MAD) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Die Bundesregierung ist grundsätzlich verpflichtet, das Gremium zu informieren. Allerdings sind die Sitzungen geheim und die Abgeordneten zu strikter Geheimhaltung verpflichtet.

Für den Verfassungsschutz wünsche er sich keine solche Zugangsmöglichkeiten zu Daten wie in den USA, sagte Maaßen. Er würde sich zwar "in einigen Punkten Verbesserungen wünschen". Für Informationssammlungen mit einem großen Netz gebe es aber hierzulande "keine Rechtsgrundlage, und die wollen wir auch nicht".

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte von Obama Aufklärung über das Spähprogramm. "Der Verdacht der überbordenden Kommunikationsüberwachung ist so besorgniserregend, dass er nicht im Raum stehen bleiben darf", schrieb die Ministerin in einem Beitrag für das Internetportal " Spiegel Online". Obama kommt kommende Woche für zwei Tage nach Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will dabei die umstrittene Datensammlung zur Sprache bringen.

Auch Sprecher aller maßgeblichen Fraktionen im Europaparlament forderten Aufklärung über das Spähprogramm. EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg bestätigte, dass das Thema am Freitag bei einem Treffen zwischen Vertretern der US-Regierung und der EU in Dublin zur Sprache gebracht werden soll. Justizkommissarin Viviane Reding werde "energisch und mit Nachdruck" Zusagen Washingtons für den Schutz der Daten europäischer Bürger fordern.

Kontaktprozedur wie in einer Agenten-Geschichte

Der Enthüller des Spähprogramms, Edward Snowden, tauchte derweil offenbar unter. Medienberichten zufolge verließ er sein Hotel in Hongkong. Glenn Greenwald vom "Guardian", dem Snowden in Hongkong Tausende von Dokumenten übergab, erzählte derweil von einer Kontaktprozedur wie in Agenten-Geschichten. Die Journalisten sollten in einer bestimmten Ecke eines Hotels in Hongkong laut nach dem Weg in einen anderen Teil des Gebäudes fragen. Dann würde - wenn die Luft rein ist - der Informant mit einem Zauberwürfel in der Hand auftauchen. Das Verfahren habe tatsächlich funktioniert, sagte Greenwald. Eine weitere beteiligte Journalistin berichtete, Snowden habe nur verschlüsselt mit ihr kommuniziert.

Weil ihm in den USA eine strafrechtliche Verfolgung droht, deutete er ein mögliches Asylgesuch in Island an. Die russische Regierung erklärte, sie werde gegebenenfalls ein mögliches Asylgesuch Snowdens prüfen. "Falls wir solch einen Antrag erhalten, werden wir ihn einer Prüfung unterziehen", zitierte die russische Tageszeitung "Kommersant" einen Sprecher von Präsident Wladimir Putin.

Russlands Regierung hatte bei mehreren Gelegenheiten Sympathien für Julian Assange erkennen lassen, der als Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks diplomatische Depeschen der US-Behörden veröffentlichen ließ. Assange, der sich aus Angst vor einer Auslieferung seit Monaten in der Botschaft Ecuadors in London aufhält, bezeichnete Snowden in einem Fernsehinterview mit Sky News als "Helden", der "die Öffentlichkeit über eines der wichtigsten Ereignisse des Jahrzehnts informiert hat".

Quelle: ntv.de, AFP/jve

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