Politik

Bosbach sieht sich bestätigt Bundestag hat keine Zahlen

CDU-"Abweichler" Bosbach bleibt bei seinem Nein. Er sehe sich "nicht in der Lage", der Verstärkung des Euro-Rettungsschirms EFSF zuzustimmen. Noch ist völlig unklar, worum es überhaupt geht: Abgestimmt wird am Mittwoch im Bundestag nur über einen allgemeinen Text. "Man will Italien an den Tropf hängen", befürchtet FDP-Rebell Schäffler.

Keine 30 Tage ist es her, dass Koalition und Opposition die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms mit breiter Mehrheit abgesegnet haben, jetzt soll die Schlagkraft des EFSF erhöht werden. Doch zwei Dinge sind anders: SPD und Grüne machen es spannend, ob sie erneut zustimmen. Und anders als Ende September geht es nicht um konkrete Zahlen, sondern nur um vage formulierte Konzepte.

Wolfgang Bosbach

Wolfgang Bosbach

(Foto: picture alliance / dpa)

Wie bereits vor vier Wochen hat der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sein Nein angekündigt. Er sehe sich "nicht in der Lage", der Verstärkung des Euro-Rettungsschirms EFSF zuzustimmen, sagte er bei n-tv. Bosbach hatte bereits am 29. September gegen die Ausweitung des EFSF gestimmt und war dafür in seiner Fraktion unter starken Druck geraten.

Schon damals sei vorhersehbar gewesen, "dass selbst der erweiterte Rettungsschirm mit einem Haftungsvolumen von 440 Milliarden Euro nicht ausreichen würde, um die Probleme dauerhaft in den Griff zu bekommen", sagte Bosbach. "Die damalige Annahme bestätigt sich jetzt."

"Beim besten Willen nicht"

Bosbach rechtfertigte sein Nein: "Ich habe allen - ausnahmslos allen - Rettungspaketen zugestimmt. Aber am 29. September konnte ich es beim besten Willen nicht mehr." Ein Grund sei gewesen, dass sich die Erwartungen der vergangenen Monate nicht erfüllt hätten: "Uns hat man immer wieder gesagt: Wenn ihr jetzt zustimmt, dann haben wir die Probleme gelöst. Wenn ihr noch einmal zustimmt, dann haben wir die Probleme im Griff." Dennoch sei die Lage "tendenziell immer schwieriger geworden".

Nach eigenen Worten rechnet Bosbach damit, dass die Koalition bei der Abstimmung am Mittwoch eine deutliche Mehrheit erreichen wird. "Ich glaube nicht, dass die Abstimmungslage morgen eine grundsätzlich andere sein wird als am 29. September. Ich gehe davon aus, dass die Koalition nicht nur eine eigene Mehrheit haben wird, sondern auch die Kanzlermehrheit."

Abgestimmt wird über "Grundlinien"

Altmaier (r.) muss für Kanzlerin Merkel die Mehrheiten organisieren.

Altmaier (r.) muss für Kanzlerin Merkel die Mehrheiten organisieren.

(Foto: picture alliance / dpa)

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Peter Altmaier, geht von einer schwarz-gelben Mehrheit aus. "Ich bin überzeugt, dass die Koalition ihren Antrag verabschieden wird", sagte er. Ähnlich äußerte sich FDP-Generalsekretär Christian Lindner, der zudem betonte, die Frage nach der Kanzlermehrheit stelle sich nicht.

Altmaier rief zugleich die Opposition zur Gemeinsamkeit bei der anstehenden Entscheidung auf. Es gehe um ein überzeugendes Signal, dass Deutschland zu seinen europäischen Verpflichtungen stehe. Von der SPD gibt es bislang kein Signal, Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte lediglich, die Grünen seien "im Grundsatz bereit, hier einen gemeinsamen Weg zu gehen, weil wir glauben, dass Deutschland eine gemeinsame Verantwortung hat".

Entscheiden wird der Bundestag am Mittwoch nicht über die konkrete Ausgestaltung des EFSF, sondern nur in allgemeiner Form. "Wir haben die Grundlinien auf dem Tisch und darüber wird abgestimmt", sagte Altmaier. Die "Guide Lines", zu Deutsch Leitlinien, mit den Details der Ausgestaltung lägen noch nicht vor, somit werde zunächst nur über einen allgemeinen Text zu den Möglichkeiten der Maximierung der EFSF-Mittel abgestimmt. Auch der anschließende EU-Gipfel am Abend in Brüssel werde nur über die Prinzipien entscheiden, fügte Altmaier hinzu.

Hebel-Summe völlig unklar

Damit wird auch nach dem Gipfel unklar sein, auf welche Summe die Wirkung des EFSF "gehebelt" werden kann. "Es existieren mehrere Modelle zur Erhöhung der Kreditvergabekapazität", heißt es recht allgemein in einem Papier zur "Maximierung der vorhandenen Kreditvergabekapazität der EFSF", das den Parteien im Bundestag vom Bundesfinanzministerium übergeben wurde. "Eine genauere Angabe zu deren Umfang lässt sich erst nach Abschluss der Vereinbarungen mit potenziellen Investoren festsetzen." Gerechnet wird mit einem "Zeitraum von einigen Wochen für die Suche nach Investoren und Kreditgebern für den Fonds". Grünen-Fraktionschef Trittin hatte nach einer Unterrichtung bei Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt, es werde eine Hebelung des EFSF geben, die "jenseits einer Billion Euro" liegen dürfte.

Trittin und Grünen-Chef Özdemir nach der Unterrichtung im Kanzleramt.

Trittin und Grünen-Chef Özdemir nach der Unterrichtung im Kanzleramt.

(Foto: dapd)

Wie erwartet werden in dem Schreiben des Finanzministeriums zwei Modelle für den Hebel genannt. Die erste ist eine "Teilabsicherung" für Staatanleihen für Euro-Länder. Investoren sollen zum Kauf der Anleihen angeregt werden mit dem Angebot, dass der Rettungsfonds im Falle von Verlusten einen Teil davon übernimmt. Um welchen Anteil es sich handeln könnte, wird in dem Papier nicht genannt.

Zudem soll nach dem zweiten Modell in speziellen Sondertöpfen "öffentliches und privates Kapital" gesammelt werden, um die Mittel im EFSF zu vergrößern. Mit dem Geld soll mehr Spielraum zur Kreditvergabe, zur Stützung von Banken sowie zum Aufkauf von Staatsanleihen geschaffen werden. Diese Option setzt Verhandlungen mit beispielsweise Staatsfonds anderer Länder voraus. Daher wird mit keinem Ergebnis für den Hebeleffekt bis in "einigen Wochen" gerechnet.

Schäffler: Es geht um Italien

Der FDP-Eurokritiker Frank Schäffler vermutet, dass mit der geplanten Verstärkung des EFSF vor allem Italien gestützt werden soll. "Man will Italien an den Tropf hängen. Das ist der Grund, wieso morgen abgestimmt wird", sagte Schäffler in der ARD. Es werde Druck auf das Land ausgeübt, man wolle italienische Staatsanleihen im Preis drücken. "Aber das führt am Ende dazu, dass Italien nie mehr aus diesem Dilemma herauskommt. Italien wird dauerhaft am Tropf hängen."

Dagegen sagte Generalsekretär Lindner, die Modelle für eine "Hebelung" des EFSF seien akzeptabel. Sie hätten den "Charakter eines Marktanreizprogramms". Für die FDP sei wichtig, dass der Haftungsrahmen für Deutschland bei 211 Milliarden Euro bleiben solle.

Vor vier Wochen hatten 523 Abgeordnete für den EFSF gestimmt - davon 315 aus dem Koalitionslager, in dem es 15 Abweichler gab. Für die absolute Mehrheit sind 311 Stimmen notwendig.

 

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP

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