Ärzte-Streik wegen Honoraren Bundesweit Praxen dicht
11.03.2009, 14:47 UhrAus Protest gegen finanzielle Einbußen durch die Honorarreform sind bundesweit Arztpraxen geschlossen geblieben. 90 Prozent aller orthopädischen und unfallchirurgischen Ärzte hätten sich an den Aktionen beteiligt, sagte der Präsident ihres Berufsverbandes, Siegfried Götte, in Berlin.
Bundesweit seien 4300 Praxen entweder geschlossen geblieben oder hätten durch Informationen in den Wartezimmern auf die Probleme aufmerksam gemacht. Die Mediziner bräuchten deutlich mehr Geld, um die Versorgung der Patienten sicherzustellen.
Zulassung könnte entzogen werden
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt drohte Ärzten, die Patienten aus Protest gegen die Honorarreform nur noch gegen Vorkasse behandeln, erneut mit dem Entzug der Zulassung. "Es kann nicht sein, dass ein Problem, das die Ärzte untereinander haben, auf dem Rücken der Patienten ausgetragen wird", sagte sie im ZDF. Vertragsärzte der gesetzlichen Krankenversicherung müssten ihre Aufgaben erfüllen oder ihre Zulassung zurückgeben. Die Beitragszahler hätten ein Recht, vernünftig behandelt zu werden.
Die SPD-Ministerin wies eine Mitschuld der Politik an dem Streit zurück. Die Politik habe für neue Regelungen gesorgt, wodurch die Honorare in Euro und Cent ausgewiesen würden und für den einzelnen Mediziner kalkulierbar seien. Die Ärzte müssten nun dafür sorgen, dass das Geld ordentlich verteilt werde und einzelnen Arztgruppen keine Nachteile entstünden.
Immer noch zu wenig Geld
Verbandspräsident Götte hielt dagegen, es handele sich nicht um ein ärzteinternes Verteilungsproblem. "Das Problem ist, dass insgesamt zu wenig Geld zur Verfügung steht", sagte er. Für den Unterarmbruch einer Patientin mit Osteoporose fielen etwa 100 Euro Kosten an, gezahlt würden im bundesweiten Schnitt aber nur 34 Euro. Insgesamt stünden als Pauschale pro Patient nur noch 10,67 Euro pro Monat zur Verfügung. Zum "Preis für eine Pizza plus Getränk" sei keine Facharztbehandlung möglich.
Regionale Unterschiede
Trotz der Aufstockung der Vergütung um zehn Prozent durch die Reform klagen Fachärzte in mehreren Regionen über Verluste, insbesondere in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Einige behandeln ihre Patienten nur noch gegen Vorkasse. Bei den Krankenkassen sind deshalb mehrere Tausend Beschwerden von Patienten eingegangen. Bisher laufen in Schleswig-Holstein nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung sieben Verfahren gegen Mediziner auf Entzug der Zulassung. In Baden-Württemberg gibt es einen solchen Fall.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) kritisiert, weil als Bezugsgröße das Jahr 2007 herangezogen worden sei, hätten die Medizinern bisher nicht die versprochenen drei Milliarden Euro zusätzlich bekommen, sondern lediglich 1,23 Milliarden. Die Ärzte wollen bei den Kassen daher durchsetzen, dass ihnen bis zu 1,5 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Das Schlichtungsgremium tagt in der kommenden Woche. Götte sagte, das Geld sei ohne Beitragserhöhungen verfügbar. So gäben die Kassen pro Jahr allein sechs bis sieben Milliarden Euro aus, um sich im Wettkampf um Mitglieder interessant zu machen.
Mehr Geld gibt es nicht
Dagegen lehnt Ministerin Schmidt wie die Kassen mehr Geld für die Mediziner ab. Im Vergleich zu 2007 flössen dieses Jahr mehr als drei Milliarden Euro zusätzlich an die 130.000 niedergelassenen Ärzte. Insgesamt erhielten sie aus der gesetzlichen Krankenversicherung 30 Milliarden Euro, im Schnitt 230.000 Euro pro Praxis.
Quelle: ntv.de