"Rhetorische Eskalation" Bush steht in der Kritik
18.10.2007, 12:26 UhrDie Äußerungen von US-Präsident George W. Bush über die Gefahr eines "Dritten Weltkrieges" im Zusammenhang mit dem iranischen Atomprogramm sind in Deutschland quer durch alle Parteien auf deutliche Kritik gestoßen. Eine solche rhetorische Eskalation sei kontraproduktiv für die Suche nach einer Lösung in dem Atomstreit, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU).
Polenz sieht in der Äußerung Bushs auch eine Reaktion auf den jüngsten Besuch Putins in Teheran. Dort habe er Signale ausgesandt, die von Teheran so missverstanden werden könnten, als sei Russland nun Irans Anwalt im UN-Sicherheitsrat, sagte Polenz.
Für den SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich gefährden derartige Äußerungen ein "gemeinsames und friedliches Vorgehen in der iranischen Atomkrise". Die Krise könne nicht gewaltsam gelöst werden, sagte er. Ein "Dritter Weltkrieg" im Atomzeitalter bedeute das Ende der Menschheit. "Ein solches Bild an die Wand zu malen ist angesichts der aktuellen Herausforderung vollkommen unangemessen."
"Rhetorik des kalten Krieges"
Der Außenexperte der Linksfraktion, Norman Paech, sieht in den Äußerungen ein "weiteres Zeichen der Kriegsgefahr, die von den USA ausgeht". Grünen-Chefin Claudia Roth wertete die harschen Töne aus Washington und Moskau als "Rückfall in die Rhetorik des Kalten Krieges". Während Bush "unverantwortlich" vom "Dritten Weltkrieg" schwadroniere, kündige Putin ein "gigantisches Aufrüstungsprogramm" an. "Bush und Putin verlieren jegliches Maß und jegliche Beherrschung."
Putin hatte am Donnerstag in Moskau "grandiose Pläne" zur Modernisierung der Streitkräfte inklusive der Atomraketen verkündet. Die abrüstungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Elke Hoff, warf Putin vor, er nutze die US-Pläne für ein Raketenschild, um die atomare Nichtverbreitungs- und die Rüstungskontrollpolitik zu unterminieren. "Die Bundeskanzlerin muss jetzt gegenüber Putin klare Kante zeigen und deutlich machen, dass sie die geplante Beschaffung neuer Atomwaffen durch Russland ablehnt."
Trittin: Merkel habe zur Eskalation beigetragen
Für den Grünen-Fraktionsvize im Bundestag, Jürgen Trittin, zeigen die Äußerungen von Bush und Putin wie gefährlich das weltpolitische Klima derzeit ist. "Putins Behauptung, Russland müsse aufrüsten, um nicht das irakische Schicksal zu erleiden, ist absurd", sagte er in Berlin. Angesichts des iranischen Atomprogramms den "Dritten Weltkrieg" an die Wand zu malen, wie Bush es getan habe, sei ebenfalls unverantwortlich. Merkel habe durch ihren Schulterschluss mit Bush in der Frage der Sanktionsverschärfung zum neuen Klima der Eskalation mit beigetragen.
Bush hatte vor einem Dritten Weltkrieg gewarnt, sollte der Iran in den Besitz von Atomwaffen gelangen. Auf die Frage nach den Gesprächen Putins in Teheran sagte er wörtlich: "Wir haben einen Führer im Iran, der angekündigt hat, dass er Israel zerstören will. Deshalb sage ich den Leuten, wenn ihr Interesse habt, den Dritten Weltkrieg zu vermeiden, scheint es mir euer Interesse zu sein, sie (die Iraner) daran zu hindern, das Wissen zum Bau einer Atombombe zu erwerben."
Die USA und die europäischen Vermittler in dem Konflikt bemühen sich derzeit um eine Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran, weil dieser nicht wie gefordert seine Urananreicherung stoppt. Die Technik gilt als Schlüssel zur Produktion von Atomwaffen. Der Iran hat zurückgewiesen, daran zu arbeiten.
Quelle: ntv.de