Politik

Reaktionen CDU: "Troikadämmerung"

stein.jpg

SPD-Kanzlerkandidat wird Peer Steinbrück. Die Union ätzt, es sei ohnehin nur einer übrig geblieben. Bei den Grünen herrscht Skepsis, FDP-Quergeist Kubicki freut sich dagegen auf den Ex-Finanzminister. Auch in den Augen der Polit-Experten treffen die Sozialdemokraten mit ihm die beste Wahl.

Die absehbare Nominierung von Peer Steinbrück zum SPD-Kanzlerkandidaten hat erste Reaktionen ausgelöst. Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer bezeichnete die Entscheidung als "Troikadämmerung": "Gabriel kann nicht, Steinmeier will nicht - da blieb nur einer übrig", schrieb der CDU-Politiker bei Twitter.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach Worten von Regierungssprecher Steffen Seibert "überhaupt keine Vorlieben" für einen bestimmten Kanzlerkandidaten. "Die Bundeskanzlerin wird sich jedem Kandidaten stellen", sagte Seibert. Merkel werde im Wahlkampf klarmachen, was die Bundesregierung geleistet habe "und ihre Ideen für eine gute deutsche Zukunft" vorstellen. Die Kanzlerin habe mit Steinbrück sehr eng zusammengearbeitet, als er Minister in der großen Koalition war.

Beck: "Hoffe, das ist eine Ente"

War die Kandidatur Peer Steinbrücks ein kluger Schachzug?

War die Kandidatur Peer Steinbrücks ein kluger Schachzug?

(Foto: dpa)

Die Linken lehnen Steinbrück dagegen klar ab. "Steinbrück ist der Offenbarungseid der SPD", sagte die stellvertretende Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht der "Frankfurter Rundschau". "Er ist das Eingeständnis, dass sie weiterhin für schlechte Renten, niedrige Löhne und lasche Bankenregulierung steht." Mit dem 65-Jährigen bekomme Merkel "einen Herausforderer, der in keinem wesentlichen Punkt für eine andere Politik steht".

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, twitterte zunächst: "Hoffe, das ist eine Ente." Später schickte er hinterher: "Als Nordrhein-Westfale sach ich ma so: Das lässt viel Raum für die Grünen."

Roth begrüßt klare Verhältnisse

Ähnlich sieht das auch Parteichefin Claudia Roth. Sie bewertet die Kandidatur aber dennoch positiv. "Ich begrüße es, wenn die SPD die Frage schnell klärt. Dann können wir mit unserem gemeinsamen Angriff auf Schwarz-Gelb starten", sagte Roth. Sie hoffe, "dass ein möglicher Kandidat Steinbrück die gesamte SPD hinter sich versammeln kann, denn das ist die Voraussetzung für einen erfolgreichen Wahlkampf."

Roth betonte: "Steinbrück wäre ein Kandidat, der in der klassischen SPD-Klientel mobilisieren kann." Der frühere Finanzminister wäre "eine echte Kampfansage an Schwarz-Gelb und Angela Merkel". Auf die Frage, ob ein anderer Kanzlerkandidat den Grünen lieber wäre, sagte die Grünen-Chefin: "Genauso wenig wie wir uns Kandidaten vorschreiben lassen würden, reden wir hier auch nicht der SPD hinein."

Kubicki will reden

"Es ist gut für den Wahlkampf und schlecht für Bundeskanzlerin Angela Merkel, wenn die SPD heute ihre lähmende Kandidatenfrage klärt", sagte  Grünen-Fraktionsvorsitzender Jürgen Trittin. In der Parteispitze wurde die Personalie als Zeichen dafür gewertet, dass die SPD nun wirklich um die Kanzlerschaft kämpfen wolle. Hintergrund ist, dass Steinbrück ausgeschlossen hat, ein Ministeramt unter Kanzlerin Merkel anzunehmen.

FDP-Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr sieht Steinbrück skeptisch. Bei vielen Themen gebe es eine "deutliche Diskrepanz" zwischen dem früheren Finanzminister und der sozialdemokratischen Basis, sagte Bahr der "Saarbrücker Zeitung. Gegenüber dem "Spiegel" sprach Bahr in diesem Zusammenhang sogar von Wählertäuschung: Steinbrück verkörpere nicht das SPD-Programm. "Während Herr Steinbrück für die Schröder-Politik steht, wandert das SPD-Programm wie zuletzt bei der Rente wieder nach links."

Positiv reagierte auch Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki. "Steinbrück ist derjenige, mit dem die Liberalen am ehesten reden können", sagte Kubicki der "Rheinischen Post". Eine Ernennung des früheren Bundesfinanzministers sei zwar noch kein Signal für eine Ampelkoalition - "aber wenn es zur Nominierung von Steinbrück kommt, dann ist das das Zeichen, dass die SPD ernsthaft stärkste Partei werden will".

Bayern-SPD ist froh

In der eigenen Partei hat die Einigung in der SPD-Führung über die Kanzlerkandidatur positive Reaktionen hervorgerufen. Bayerns SPD-Spitzenkandidat, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, erwartet von der Klärung der Kanzlerkandidatur in der Berliner Parteispitze Rückenwind für seinen Wahlkampf. Wenn die Personalentscheidung endlich gefallen sei, könne die SPD mit inhaltlichen Konzepten gegen die schwarz-gelbe Koalition in Berlin punkten, sagte Ude.

"Ich habe in den letzten Monaten immer angedeutet, dass es Rückendeckung wäre, wenn Kandidaten zusammenarbeiten könnten, statt immer ausweichende Antworten auf Personalfragen zu geben." Steinbrück sei ein hochkompetenter Mann. "Ein Kanzlerkandidat von diesem Format gibt immer Rückenwind", sagte der sozialdemokratische Landtags-Vizepräsident Franz Maget. "Ich wäre persönlich damit sehr einverstanden."

Person Merkel noch immer stärker

Auch erste Wissenschaftler nahmen zu Steinbrücks wahrscheinlicher Kandidatur Stellung. Nach Einschätzung mehrerer Parteienforscher stellt die SPD damit den schwierigsten Herausforderer für Bundeskanzlerin Angela Merkel auf. "Steinbrück ist sicher der gefährlichste Kandidat, weil er die Wähler in der bürgerlichen Mitte ansprechen kann", sagte der Politologe Gero Neugebauer. "Er kann am besten im Lager der Unions-Wähler wildern", pflichtet ihm auch der Politikwissenschaftler Gerd Langguth bei. Tns-Emnid-Geschäftsführer Klaus-Peter Schöppner bezeichnete als am wichtigsten, "dass die SPD überhaupt die Elend-Kandidatendiskussion beendet hat".

Die Parteien- und Meinungsforscher sehen aber auch Gefahren für einen Kandidaten Steinbrück. "Steinbrück gilt eigentlich nicht als Sozialdemokrat und mobilisiert sicher nicht die SPD-Linke", sagte Schöppner. "Die SPD kann zudem kaum einen Personenwahlkampf führen, während die CDU ganz auf die Person Merkel setzen wird", erklärte Neugebauer. Die SPD könne nur dann gewinnen, wenn sie mit sozialdemokratischen Themen im Bereich Arbeit/Rente oder in Fragen von Gerechtigkeit und Solidarität punkte.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen