Steuerliche Gleichstellung der Homo-Ehe CSU bläst zum Widerstand
07.08.2012, 15:49 Uhr
Leitet ausgerechnet die CDU die steuerliche Gleichstellung homosexueller Paare ein?
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach Atomkraft und Wehrpflicht könnte schon bald die nächste Bastion konservativer Politik fallen. Und das aus eigener Initiative.13 CDU-Politiker fordern die steuerliche Gleichstellung für Homo-Paare mit der Ehe. Sogar Familienministerin Kristina Schröder und die FDP-Minister ziehen mit. Doch vor allem die Christsozialen sträuben sich.

Treibt die Initiative voran: Bundesfamilienministerin Kristina Schröder.
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CDU und CSU steuern ein Jahr vor der Wahl in Bayern und im Bund auf eine Zerreißprobe zu. Die von CDU-Politikern geforderte steuerliche Gleichbehandlung von Homo-Paaren mit Eheleuten stößt im konservativen Lager auf Widerstand. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder unterstützt dagegen den Vorstoß von 13 CDU-Bundestagsabgeordneten, wonach auch eingetragene Lebenspartnerschaften Homosexueller vom Ehegatten-Splitting profitieren sollten.
"Dieser Vorstoß aus der Fraktion kommt zur rechten Zeit, denn in lesbischen und schwulen Lebenspartnerschaften übernehmen Menschen dauerhaft Verantwortung füreinander, sie leben damit konservative Werte", sagte Schröder der "Süddeutschen Zeitung". FDP und Opposition begrüßten den Vorstoß der CDU-Abgeordneten, zu denen auch Fraktionsvize Ingrid Fischbach und Gesundheitsexperte Jens Spahn gehören. Vor allem die CSU lehnt dies bisher strikt ab.
Aus Sicht der 13 Parlamentarier ist es nicht akzeptabel, dass der Politik immer wieder und absehbar vom Bundesverfassungsgericht vorgeschrieben werden müsse, die bestehende Ungleichbehandlung abzuschaffen. Die Unionsfraktion solle nun endlich die steuerliche Gleichstellung als eigene politische Entscheidung umsetzen.
"Äußerst skeptisch"
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt äußerte sich zurückhaltend. "Das ist eine Initiative innerhalb der Unionsfraktion. Wir warten jetzt ab, wie die Fraktionsführung das Verfahren zu dieser Initiative nach der Sommerpause gestalten möchte", erklärte er in München. CSU-Finanzexperte Hans Michelbach wurde deutlicher: "Im Finanzausschuss des Bundestages wird das Vorhaben keinesfalls eine Mehrheit bekommen." Der Vorstoß sei gesellschaftspolitisch hoch umstritten. Auch wolle die schwarz-gelbe Koalition die Sanierung des Haushalts nicht mit weiteren Steuervergünstigungen belasten.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erklärte, sie sei "äußerst skeptisch" mit Blick auf die Gleichstellung. "Die Ehe zwischen Mann und Frau steht unter besonderem Schutz, weil sie grundsätzlich auf die Weitergabe von Leben ausgerichtet ist - in homosexuellen Beziehungen ist dies nicht der Fall." Der Parlamentsgeschäftsführer der Landesgruppe, Stefan Müller, lehnte den Vorstoß in der "Leipziger Volkszeitung" vom Mittwoch "klar ab".
- Mit den Strafrechtsreformen von 1969 und 1973 wurde die Strafbarkeit homosexueller Handlungenzwischen erwachsenen Männern aufgehoben.
- Im Zivilrecht stärkte derBundesgerichtshof (BGH) erstmals 1984 das Recht auf das Zusammenleben Homosexueller.
- Im November 2000 beschloss die rot-grüne Bundesregierung gegen die Stimmen von Union und FDP das Lebenspartnerschaftsgesetz. Mit der zum August 2001 in Kraft getretenen Regelung wurden gleichgeschlechtliche Partnerschaften erstmals rechtlich anerkannt.
- Das Gesetz wurde 2005 von Rot-Grün erweitert und führt für die Partner zu einer Reihe von Rechten und Pflichten wie unter Ehegatten: Sie haben nach einer Scheidung Anspruch auf einen Versorgungsausgleich oder nach dem Tod des Partners Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung. Ferner regelt das Gesetz,dass ein Partner das leibliche Kind seines Lebenspartners adoptieren kann.
- Karlsruhe wird in den kommendenTagen noch einen Beschluss zur Ungleichbehandlung von Partnerschaften und Ehen beider Grunderwerbssteuer bekanntgeben.
- Die große Entscheidung zur Übertragung des Ehegattensplittings auf die Homo-Ehe steht dagegen weiter aus. Sie ist noch nicht terminiert.
Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis hält nicht viel von der steuerlichen Gleichstellung. Das sogenannte Ehegatten-Splitting im Steuerrecht entspreche der Verpflichtung des Staates, Ehe und Familie in besonderer Weise zu schützen und zu fördern. Geis warnte, sollte sich die Politik dafür entscheiden, die steuerliche Bevorzugung auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften auszuweiten, müssten auch andere Gemeinschaften einbezogen werden, in denen Menschen Verantwortung füreinander trügen. Als Beispiel nannte Geis, wenn eine Tochter mit ihrer Mutter zusammenlebe und diese pflege oder zwei Schwestern sich einen Haushalt teilten und füreinander da seien.
Kritik kam auch von der Deutschen Bischofskonferenz: "Die katholische Kirche kann die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit dem Bund der Ehe von Mann und Frau grundsätzlich nicht gutheißen und spricht sich infolgedessen gegen eine rechtliche Gleichbehandlung aus", sagte Sprecher Matthias Kopp der "Passauer Neuen Presse". "Die Lebensform der Ehe bedarf des besonderen Schutzes des Staates wie der Kirche."
Anerkennung von der SPD
In der CDU bahnt sich damit nach dem Atomausstieg und der Aussetzung der Wehrpflicht ein weiterer Paradigmenwechsel an. Die eingetragene Lebenspartnerschaft war 2001 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung eingeführt worden. Seither haben sich vor allem der konservative Flügel der CDU sowie die CSU dagegen gesperrt, homosexuellen Lebenspartnern das Ehegatten-Splitting zu gewähren.
Durch das Splitting wird die Steuerbelastung von Eheleuten gesenkt. Die Vorschrift gewährleistet, dass das Finanzamt die Einkünfte der Eheleute bei der Einkommensteuererklärung addiert und dann gleichmäßig auf Mann und Frau verteilt. Beim Bundesverfassungsgericht sind diverse Verfahren zur Frage des Ehegattensplittings für eingetragene Lebenspartnerschaften anhängig.
Das Finanzministerium erklärte nach einem Bericht der Tageszeitung "taz", man habe den Vorstoß der 13 CDU-Abgeordneten zwar zur Kenntnis genommen. Allerdings gebe es derzeit keine Notwendigkeit, eingetragenen Lebenspartnern dieselben einkommensteuerlichen Privilegien wie Eheleuten zu gewähren, zitiert das Blatt aus einer Stellungnahme des Ministeriums.
Die SPD begrüßt hingegen die Initiative der CDU-Abgeordneten. Die SPD-Bundestagsfraktion sei bereit, schnellstmöglich einen Text für einen parteiübergreifenden Antrag auszuarbeiten, erklärte der SPD-Beauftragte für Lesben und Schwule, Johannes Kahrs.
Kahrs zeigte sich erfreut, dass es nun auch in der Union Abgeordnete gebe, die die Zeichen der Zeit verstanden hätten. "Ihnen gebührt Anerkennung für den Mut, innerhalb der einzigen Fraktion, die noch an der Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften festhält, die Stimme erhoben zu haben."
Ausnahme Adoption
Zustimmung zu der Initiative der CDU-Abgeordneten kam auch aus der FDP: "Es ist gut, wenn die Union nun unseren Vorschlägen zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften bei der Einkommensteuer folgt", erklärte der FDP-Abgeordnete Michael Kauch. Das Jahressteuergesetz 2013 biete die Möglichkeit, dies schnell umzusetzen.
Auch aus den Bundesländern gibt es Vorstöße, die Ungleichbehandlung zu beenden. In den Beratungen über das Jahressteuergesetz 2013 hatte der Bundesrat zuletzt die Bundesregierung aufgefordert, auch die Gleichstellung der Lebenspartner mit Ehegatten im Einkommensteuerrecht mit aufzunehmen.
Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans erklärte: "Die Ankündigung geht in die richtige Richtung und ist längst überfällig." Bislang hätten Bundesregierung und die CDU-geführten Länder eine steuerrechtliche Gleichstellung immer blockiert. Wenn in der Regierung ein Umdenken erfolge, müsse sie nur der im Juli vorgestellten Bundesratsinitiative folgen, so der SPD-Politiker.
Sollte es zu einer steuerlichen Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe kommen, wären Homo-Ehen rechtlich nur noch bei der Adoption von Kindern eingeschränkt. Die schrittweise Gleichstellung Homosexueller begann 1969 mit der ersten Reform des Sexualstrafrechts.
Quelle: ntv.de, cro/dpa/AFP/rts