Politik

Doppel- oder Einzelspitze? CSU in der Entscheidungsfindung

Eigentlich schien das Rennen um den Ministerpräsidentenposten für Horst Seehofer schon gelaufen. Doch nun hält der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) doch an seiner Kandidatur fest. "Meine Kandidatur steht", sagte Herrmann der "Bild am Sonntag". Er fügte hinzu: "Ich halte es nach wie vor für richtig, dass der CSU-Vorsitzende in Berlin ist." Damit zielt Herrmann auf eine Doppelspitze mit Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer, der designierter CSU-Vorsitzender ist und nach dem Willen vieler Parteimitglieder zugleich auch Ministerpräsident werden soll.

Der bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel, der ebenfalls seinen Hut für den Posten des Regierungschefs in den Ring geworfen hat, hatte am Samstag grundsätzlich die Bereitschaft bekundet, seine Bewerbung zurückzuziehen. Er verknüpfte dies aber mit einem Rückzug der Bewerbung von Herrmann.

Oberbayern hat gesprochen

Zuvor hatte der mit Abstand mitgliederstärkste CSU-Bezirk Oberbayern sich ohne Gegenstimmen bei einigen Enthaltungen für Seehofer ausgesprochen. Nach der Sitzung in Brunnthal bei München sagte Bezirkschef Siegfried Schneider am Samstag, CSU-Vorsitz und Ministerpräsidentenamt gehörten, wie von Edmund Stoiber erfolgreich praktiziert, wieder in eine Hand. Mit Seehofer stehe eine Persönlichkeit zur Verfügung, die die nötige Erfahrung und Kompetenz, aber auch das Durchsetzungsvermögen habe, beide Ämter im Interesse Bayerns auszufüllen.

Das Votum stärkte Seehofer gegenüber seinen Konkurrenten. Am Sonntagabend wollte Herrmann mit seinem Bezirksverband Mittelfranken über das weitere Vorgehen beraten. Besonders Goppel kann seine Hoffnungen nun weitgehend begraben, da er selbst aus dem Bezirk Oberbayern kommt. Sollte Herrmann nach der Sitzung seines Bezirksverbandes seinen Verzicht auf eine Kandidatur erklären, wäre derselbe Schritt von Goppel zu erwarten und damit der Weg für Seehofer frei. Dieser hatte erklärt, er wolle nur dann Ministerpräsident werden, wenn die Landtagsfraktion keinen von einer breiten Mehrheit unterstützten Kandidaten findet.

Sonderstatus wackelt

Nach dem Wahldebakel für die CSU in Bayern werden in den mitgliederstarken CDU-Landesverbänden NRW und Baden-Württemberg inzwischen Sonderrechte der Schwesterpartei in der Unions-Bundestagsfraktion offen in Frage gestellt. Thomas Strobl, Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg, sagte der "Bild"-Zeitung vom Samstag: "Das, was derzeit vereinbart ist, gilt. Aber nach der nächsten Bundestagswahl wird es eine neue Vereinbarung geben." Jürgen Herrmann, stellvertretender verteidigungspolitischer Sprecher der Union und Mitglied im NRW-Landesverband, sagte dem Blatt: "Mich stört die Bevorzugung der CSU in der Finanzierung und bei den Sprechzeiten im Plenum schon lange. Darüber muss man neu nachdenken."

Die Sonderrechte der CSU hatte der ehemalige Vorsitzende Franz Josef Strauß 1976 durchgesetzt. Sie wurden zuletzt nach der Bundestagswahl 2005 erneuert. Neben dem Vetorecht bei Grundsatzfragen sieht die Vereinbarung vor, dass der erste Stellvertreter des Fraktionschefs automatisch ein CSU-Abgeordneter ist, der ausschließlich von den bayrischen Abgeordneten gewählt wird.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) bekannte sich zur engen Zusammenarbeit von CDU und CSU. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" wies er jedoch den Vorwurf der CSU zurück, sie sei im Landtagswahlkampf nicht genügend von der CDU unterstützt worden. Kauder sagte: "Wir wollen der CSU natürlich helfen, wo es geht. Schließlich sind wir eine Kampfgemeinschaft. Aber die Wahl war in erster Linie eine Landtagswahl."

Quelle: ntv.de

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