Politik

Streit um Vorratsdatenspeicherung CSU poltert gegen FDP-Pläne

Scharfe Töne: Hans-Peter Friedrich

Scharfe Töne: Hans-Peter Friedrich

(Foto: picture alliance / dpa)

Kaum hat Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger ihren Kompromissvorschlag zur Vorratsdatenspeicherung vorgelegt, wird der Ton in der Koalition schärfer. Die CSU wertet die Eckpunkte als "Liberalismus aus dem vorletzten Jahrhundert". Die FDP sieht dagegen die Grundrechte der Bürger in Gefahr - und will in einem Abwasch die gesamten Anti-Terrorgesetze auf den Prüfstand stellen.

Im Koalitionsstreit um die Speicherung von Telefon- und Internetdaten ist weiter keine rasche Verständigung in Sicht. Die Liberalen halten eine Einigung trotzdem noch für möglich, auch wenn aus der Union andere Signale kommen. Die Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) stößt mit ihrem Alternativvorschlag auch bei den Polizeigewerkschaften und dem Richterbund auf Kritik. Von der EU kommt dagegen verhaltenes Lob für die Pläne.

Kritik von Grünen und Linken, es handele sich bei ihrem Vorschlag um eine "Vorratsdatenspeicherung Light", wies Leutheusser-Schnarrenberger zurück. Ihre Vorschläge zielten auf eine "anlassbezogene Sicherung von Verkehrsdaten", die nur bei einem Verdacht auf eine schwere Straftat greifen sollten. Dies sei "grundrechtsschonender" als die Daten von 80 Millionen Bundesbürgern zu speichern, wie es von Teilen der Union gefordert wird.

CSU will besseren Zugriff

Im Zentrum der Kritik: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Im Zentrum der Kritik: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Sicherheit der Bürger und der Schutz ihrer Grundrechte müssten miteinander in Einklang gebracht werden, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Die Ministerin hob hervor, das von ihr vorgelegte Papier sei Grundlage für Gespräche mit der Union, die "mit Respekt" geführt werden sollten. Auch die Rückendeckung der FDP-Führungsspitze ist ihr dabei sicher. So sagte Generalsekretär Christian Lindner, die Union müsse den Kompromissvorschlag "als das in der Koalition Erreichbare akzeptieren".

Trotzdem will die CSU in dem Konflikt hart bleiben – und poltert munter drauflos. Der Vorschlag der Ministerin sei nicht das, was im Kampf gegen Kriminelle und Terroristen notwendig sei, sagte der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Hans-Peter Friedrich. "Das, was sie an Eckpunkten vorgelegt hat, gefällt uns nicht." Die Ressortchefin gehe "von einem Liberalismusbegriff des letzten oder vorletzten Jahrhunderts" aus. Die Freiheit der Bürger in Deutschland werde nicht vom Staat bedroht wie vor 150 Jahren, sondern von Terroristen und Kriminellen, sagte Friedrich. Jetzt sei es wichtig, dafür zu sorgen, dass Deutschland "nicht Rückzugsgebiet für Terroristen" werde.

Anti-Terrorgesetze laufen 2012 aus

Bedroht Vorratsdatenspeicherung die Grundrechte?

Bedroht Vorratsdatenspeicherung die Grundrechte?

(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, forderte die Union auf, sich zu bewegen: "Am Ende ist eine Koalition dann handlungsfähig, wenn sie in der Lage ist, miteinander zu reden." In einer Koalition sei "das ganze Leben ein Kompromiss". Der FDP-Rechtspolitiker Christian Ahrendt verwies darauf, dass auch noch über weitere Themen bei der Sicherheit verhandelt werden müsse: "Insofern wird hier ein gesamtes Paket besprochen. Und in diesem Rahmen werden wir zu erfolgreichen Kompromissen kommen."

So stünden noch die Vorschläge zur Fusion von Bundeskriminalamt und Bundespolizei im Raum. Auch stehe die Bewertung der Anti-Terrorgesetze an, sagte Ahrendt. Sie waren im Zuge der Anschläge vom 11. September 2001 verabschiedet worden. Diese Gesetze müssen demnächst überprüft werden, ansonsten laufen sie 2012 aus.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die geltende Regelung zur Vorratsdatenspeicherung im März verworfen. Seitdem dürfen die Daten nicht mehr ohne konkreten Anlass sechs Monate lang aufbewahrt werden. Nach dem Vorschlag der Justizministerin sollen Daten künftig beim "Anfangsverdacht" einer Straftat gesichert werden. Nur wenn ein Richterbeschluss vorliegt, sollen sie für Ermittlungen genutzt werden können.

Unterstützung aus Brüssel

EU-Justizkommissarin Viviane Reding

EU-Justizkommissarin Viviane Reding

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Christoph Frank, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", eine mehrmonatige Speicherfrist für Verbindungsdaten sei unverzichtbar. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte: "Was die Ministerin vorgelegt hat, ist die absolute Minimallösung". Er forderte in der "Augsburger Allgemeinen" eine striktere Neuregelung.

Unterstützung erhält Leutheusser-Schnarrenberger aus Brüssel. Die EU-Justizkommissarin Viviane Reding nannte die Pläne in der "Welt" einen "vielversprechenden Lösungsansatz", um das richtige Gleichgewicht zwischen der Sicherheit der Bürger und der Achtung ihrer Privatsphäre zu schaffen.

Quelle: ntv.de, rpe/dpa/AFP/rts

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