Politik

"Historische Veränderung" Cameron will von Merkel lernen

Angesichts der ersten Koalitionsregierung in Großbritannien seit 1945 nimmt sich der neue Premier Cameron die deutsche Kanzlerin zum Vorbild. Die neue Regierung kündigt zudem ein milliardenschweres Sparpaket an, das das Land aus der Krise führen soll.

Von Konkurrenten zu Partnern: Premier Cameron mit seinem Vize Clegg.

Von Konkurrenten zu Partnern: Premier Cameron mit seinem Vize Clegg.

(Foto: Reuters)

Der neue britische Premierminister David Cameron will im Umgang mit seinem Koalitionspartner auch von Deutschland lernen. Er habe nach seiner Ernennung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel telefoniert, "und sie ist ja Expertin in Koalitionen", sagte Cameron.

Bei seiner ersten Pressekonferenz präsentierte sich der konservative Politiker neben seinem Vize-Premier Nick Clegg. In Großbritannien gibt es erstmals seit 70 Jahren eine Koalitionsregierung. Cameron muss sich mit den Liberaldemokraten von Clegg zusammentun, weil seine konservative Partei keine absolute Mehrheit bei der Wahl in der vergangenen Woche erreicht hatte.

Cameron versprach eine "neue Politik", in der "nationale Interessen über Parteiinteressen" stehen sollen. Im Rosengarten der Downing Street sagte er, die Koalition sei eine "historische und richtungsweisende Veränderung" der politischen Landschaft. Sein Bündnispartner Clegg sagte: "Bisher waren wir Rivalen, jetzt sind wir Kollegen. Und das sagt viel über die neue Politik."

Schulden drücken

Gordon und Sarah Brown müssen sich von Downing Street 10 verabschieden.

Gordon und Sarah Brown müssen sich von Downing Street 10 verabschieden.

(Foto: AP)

Tory-Chef Cameron wies auf die großen Herausforderungen hin, vor der die Regierung stehe. "Keiner Regierung in modernen Zeiten wurde jemals so ein schreckliches wirtschaftliches Erbe hinterlassen." Die erste Koalitionsregierung in Großbritannien seit 1945 will rasch die Rekordverschuldung des Landes abbauen. In diesem und im kommenden Jahr sollen sechs Milliarden Pfund an öffentlichen Ausgaben eingespart werden. Die Regierung sei entschlossen, die Schuldenkrise angehen.

Cameron ist nach seiner formellen Ernennung durch Queen Elisabeth II. mit 43 Jahren der jüngste Premierminister Großbritanniens seit fast 200 Jahren. Schon in der Nacht zum Dienstag nahm das neue Kabinett Formen an. Clegg, der eine "andere Art von Regierung" ankündigte, wird Cameron in Abwesenheit vertreten. Die Liberaldemokraten haben zudem vier Ministerposten aushandeln können.

Erste Posten verteilt

Der Außenexperte und ausgesprochene Europakritiker der Tories, William Hague, soll Außenminister werden. George Osborne übernimmt für die Tories mit nur 38 Jahren das wichtige Amt des Finanzministers. Der Konservative Liam Fox soll Verteidigungsminister werden, berichteten Medien übereinstimmend. Cameron sagte bei seiner ersten Ansprache, es stehe "harte Arbeit" bevor. Großbritannien trägt schwer an einer massiven Staatsverschuldung und kämpft immer noch mit den Folgen der Finanzkrise.

Hague: Nicht mehr Macht nach Brüssel

David Cameron nimmt seinen Amtssitz in Beschlag.

David Cameron nimmt seinen Amtssitz in Beschlag.

(Foto: REUTERS)

Hague hat als erstes seine europakritische Linie bekräftigt. Mit dem liberaldemokratischen Koalitionspartner sei beschlossen worden, dass in der nächsten Legislaturperiode keine weitere Macht von London nach Brüssel übertragen werden solle, sagte der Politiker im BBC-Radio. Er hoffe, dass es mit den eigentlich europafreundlichen Liberalen keine Schwierigkeiten in EU-Fragen geben werde.

Die Tories hatten in ihrem Wahlmanifest festgeschrieben, dass es Volksabstimmungen geben soll, wenn an die Europäische Union mehr Macht gehen soll.

Gratulation aus dem Ausland

Als eine der ersten gratulierte in der Nacht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem neuen Premier. Sie lud Cameron ein, sobald wie möglich nach Berlin zu kommen. Auch US-Präsident Barack Obama griff zum Hörer und lud den neuen Regierungschef für Juli in die USA ein. Er freue sich darauf, ihn im Juni beim G8- und G20-Gipfel zu treffen. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy forderte Cameron auf, sich als Premier für die europäische Sache einzusetzen.

Mit der neuen blau-gelben Regierung endet die Ära von "New Labour", die 1997 unter Browns Vorgänger Tony Blair begonnen hatte. Brown war seit Sommer 2007 Premier, nachdem er unter Blair zehn Jahre als Finanzminister gedient hatte. Den Labour-Vorsitz hält nun kommissarisch Vize-Chefin Harriet Harman, bis ein Nachfolger für Brown gefunden ist.

Zu Problemen der Koalitionspartner könnte es auch in der Verteidigungspolitik kommen, da die Liberalen schon gegen den Irak-Krieg gestimmt und sich auch skeptisch über das militärische Engagement der Briten in Afghanistan geäußert haben.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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