Atommüll-Transport nach Lubmin Castor rollt nahezu unbehelligt
16.12.2010, 07:07 Uhr
Castor-Transport im Winter: Zwei Beamte passieren auf ihrem Kontrollgang eine verschneite Polizeisperre.
(Foto: dapd)
Es scheint, als lähme die Eiseskälte den Protest gegen den Castortransport nach Lubmin. Fast ohne Zwischenfälle nähert sich der Zug seinem Ziel. In Mecklenburg-Vorpommern rüsten sich Atomkraftgegner für eine Blockade - die könnte allerdings teuer werden. Blockierer sollen laut einem Medienbericht eine sogenannte Wegtragegebühr zahlen.
Er kommt seinem Ziel scheinbar unaufhaltsam näher: Der Castor-Transport von Frankreich nach Mecklenburg-Vorpommern hat mittlerweile Magdeburg erreicht. Dort war erst einmal eine Pause angesagt: Bei einem sogenannten technischen Halt sollte der Zug überprüft und Personal ausgewechselt werden, wie ein Sprecher der Bundespolizei sagte. Dies sollte eine gute Stunde dauern. Fünf Atomkraftgegner wurden in Gewahrsam genommen, weil sie auf den Gleisen im Bahnhof Magdeburg-Buckau unterwegs waren.
Der Castor-Transport mit rund 2500 Brennstäben sollte nach der Pause vermutlich über die brandenburgische Prignitz an seinen Zielort - das Atommüll-Zwischenlager Nord in Lubmin - rollen. In Wittenberge konzentrierten sich mehrere Hundertschaften der Polizei. Auch auf den Straßen in der näheren Umgebung waren zahlreichen Einsatzkräfte unterwegs. Von der Polizei wurde die mögliche Route nicht bestätigt. Sie wird aus Sicherheitsgründen geheim gehalten.
Blockierer sollen zahlen
Noch bevor der Castor-Transport Brandenburg und Mecklenburg- Vorpommern erreichte, hatten Atomkraftgegner an mehreren Orten in beiden Bundesländern bei Eiseskälte Mahnwachen gehalten. Kurz bevor der Zug mit seiner hoch radioaktiven Fracht gegen Mitternacht den Erfurter Hauptbahnhof passierte, kamen in Ingersleben nach Angaben der Bundespolizei Castor-Gegner der Strecke so nahe, dass der Zug sein Tempo auf 30 Stundenkilometer drosseln musste. Atomkraftgegner hatten sogar vermeldet, dass der Transport gestoppt worden sei. Die Polizei dementiert das.
Kurz vor dem Zielort Lubmin wollen Atomkraftgegner den Zug aber noch zum Halten zwingen. Wenige Kilometer vor dem Zwischenlager Nord solle es eine Blockade geben, kündigte Ulrike Berger von den Grünen an. Das könnte jedoch finanzielle Folgen haben. Nach einem Bericht der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sollen Blockierer zur Kasse gebeten werden und eine sogenannte Wegtragegebühr zahlen. Das Blatt beruft sich auf einen vertraulichen Einsatzbefehl der Polizeidirektion Anklam. Die Höhe der Gebühren ergebe sich aus der Kostenverordnung des Landes und liege zwischen 30 und 57 Euro, je nach Dienstgrad des zupackenden Beamten.
Zwangspause nach Bombenfund
Die Castor-Route wird von tausenden Sicherheitskräften überwacht. Auch Hubschrauber sind im Einsatz. Der Zug war am Dienstagabend in Südfrankreich gestartet und hatte nach Angaben der Bundespolizei am frühen Mittwochnachmittag ohne Zwischenfälle die deutsch-französische Grenze überquert. Dann ging es weiter über das Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nach Hessen.
In Saarbrücken führte der Fund einer Fünf-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg nahe der Strecke zu leichten Verzögerungen. Eine Gefahr für den Castor-Zug habe aber nicht bestanden, teilte die Bundespolizei mit.
Proteste bei eisigen Temperaturen
Fünf Wochen nach dem von Massenprotesten begleiteten Transport nach Gorleben war der aktuelle Castor-Transport bislang weitgehend ungestört unterwegs und wurde lediglich von kleineren Protestaktionen begleitet. Gegner müssen dabei auch dem Winterwetter trotzen - erwartet werden kräftige Schneefälle und eisige Temperaturen.
Der Zug transportiert in vier Spezialbehältern etwa 2500 Brennstäbe aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe und vom deutschen Atomschiff "Otto Hahn", die jahrelang im südfranzösischen Kernforschungszentrum Cadarache lagerten.
Quelle: ntv.de, dpa