Politik

Proteste bis kurz vor dem Ziel Castoren erreichen Gorleben

Die Polizei setzte auch Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein.

Die Polizei setzte auch Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein.

(Foto: REUTERS)

Der längste Castor-Transport aller Zeiten erreicht sein Ziel. Die Transporter mit dem Atommüll fahren ins Zwischenlager Gorleben. Nur fünf Kilometer vor dem Ziel halten Demonstranten den Konvoi erneut auf. Die Polizei räumt zudem zahlreiche Straßenblockaden der Atomkraftgegner. Vor allem ein Kleintransporter stellt die Beamten vor einige Probleme.

Der längste Castor-Transport aller Zeiten hat sein Ziel erreicht. Begleitet vom erbitterten Widerstand Tausender Atomkraftgegner passierte der erste der elf Tieflader die Tore ins Zwischenlager Gorleben. Der Transport mit hoch radioaktivem Atommüll war am vergangenen Mittwoch in Frankreich gestartet. Die Fahrt ins niedersächsische Gorleben wurde durch Blockaden Tausender Atomkraftgegner immer wieder verzögert. Der Castor war mehr als fünf Tage unterwegs, länger als alle anderen zuvor.

Ein Infrarot-Bild zeigt die Temperaturen eines der Castor-Transporter.

Ein Infrarot-Bild zeigt die Temperaturen eines der Castor-Transporter.

(Foto: REUTERS)

Kurz vor dem Ziel war der Transport erneut von Atomkraftgegnern gestoppt worden. Nach Angaben der Polizei kletterten zwei Menschen gut fünf Kilometer vor dem Ziel auf das Führerhaus des ersten Tiefladers. Erst nach einer Stunde ging es weiter. Die letzte Etappe konnte der Transport nur auf der Straße zurücklegen. Die Castor-Behälter des Atommülltransports wurden dazu in Dannenberg vom Zug auf Speziallastwagen verladen. Danach fuhren die Transporter in Richtung Gorleben los - eine Straßenstrecke von etwa 20 Kilometern. Der Weg wurde durch ein großes Polizeiaufgebot gesichert.

Zuvor hatte die Polizei die Straßenblockaden der Demonstranten geräumt. Nach eigenen Angaben blockierten die Atomkraftgegner mehr als 25 Stunden lang die Zufahrt zum Zwischenlager. Die Polizei musste viele der Castor-Gegner von der Straße tragen. Der Anti-Atom-Initiative X-Tausendmal quer zufolge hatten sich 1600 Demonstranten versammelt, die Polizei sprach von 500.

Ein Demonstrant weist auf die Gefahren der Atomenergie hin.

Ein Demonstrant weist auf die Gefahren der Atomenergie hin.

(Foto: dpa)

Mitglieder von Greenpeace hatten sich mit einem Kleintransporter und einem Betonblock an einer Straßenkreuzung verankert. Sie versperrten damit eine mögliche Transportroute für den Castor. Der Polizei gelang es nach rund sechs Stunden, das Fahrzeug mit zwei Greenpeace-Mitgliedern von der Straße zu bringen. Einsatzkräfte brachen Augenzeugenberichten zufolge den zugeschweißten Kofferraum des Transporters auf. Die Atomkraftgegner in dem Lieferwagen hätten sich mit einer Art Metallkasten in der Straße verankert.

Protest richtet sich gegen das Endlager

Der Castor-Zug war am Mittwoch in Frankreich gestartet. Nach 109 Stunden hatte der Konvoi den Umladehof in Dannenberg erreicht. Damit war der Castor-Transport nicht nur der letzte mit hoch radioaktivem Müll aus Frankreich, sondern auch länger unterwegs als jeder andere zuvor. Deutschland ist verpflichtet, den Müll der deutschen Atomkraftwerke wieder zurückzunehmen. Dieser Castor-Transport ist der 13. nach Gorleben.

Demonstranten setzten auch Strohballen in Brand.

Demonstranten setzten auch Strohballen in Brand.

(Foto: REUTERS)

Trotz beschlossenen Atomausstiegs und massiver Sicherheitsvorkehrungen versuchten Kernkraftgegner bis zuletzt alles, um den Castor-Transport zu stoppen. Mehrfach gelang ihnen dies auch. Bei Hitzacker hatten Castor-Gegner zuletzt den Transport mit einer Betonpyramide auf den Gleisen mehr als 15 Stunden aufgehalten. Drei Männer und eine Frau von der Bäuerlichen Notgemeinschaft hatten sich in der selbst gebauten Konstruktion angekettet. Laut Polizei sei es nur schwer möglich gewesen, die Atomkraftgegner unverletzt zu befreien. Deshalb hätten die Castor-Gegner schließlich von selber aufgegeben.

Die Atomkraftgegner fordern ein Aus für das Atommüll-Projekt im Salzstock Gorleben. Die Grube in rund 800 Metern Tiefe wird nach wie vor auf ihre Eignung als atomares Endlager untersucht. Aus Sicht der Castor-Gegner ist der Salzstock nicht für die Lagerung des hoch radioaktiven Mülls geeignet. Sie befürchten, dass er aus politischen Gründen als Endlager durchgesetzt werden soll.

Hunderte Menschen blockierten die Straßen nach Gorleben.

Hunderte Menschen blockierten die Straßen nach Gorleben.

(Foto: dpa)

Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atomkraftbewegung "ausgestrahlt", erwartet, dass die Diskussion um die Atomkraft andauern wird. "Ich glaube, es ist sehr deutlich geworden, dass der Streit um die Atomkraft nicht vorbei ist", sagte er bei n-tv. "Weiter hier zu erkunden, in Gorleben weiterzubauen in diesem maroden Salzstock und zu behaupten, es gäbe eine weiße Landkarte, einen Neustart in der Endlagersuche - das nehmen Herrn Röttgen die Menschen hier nicht ab." Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte vor Kurzem erklärt, dass Bund und Länder bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll zum Salzstock Gorleben prüfen wollten.

Mehr als 100 Polizisten verletzt

Die Polizeigewerkschaft GdP klagte über zunehmende Angriffe auf Beamte. Allein am Wochenende seien bei Protestaktionen insgesamt mehr als 150 Polizeibeamte verletzt worden, sagte ein Gewerkschaftssprecher. So seien Polizisten beim Castor aus den Reihen der Demonstranten mit nagelgespickten Golfbällen beworfen worden, sagte der GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, forderte eine bessere Überwachungstechnik. Bei ähnlichen Transporten sollten künftig Drohnen und Wärmebildkameras zum Einsatz kommen, sagte Wendt der "Bild"-Zeitung. "Wir müssen künftig flexibler auf die Guerilla-Taktik der Castor-Gegner reagieren. Dazu gehört auch eine bessere Überwachungstechnik", so Wendt.

Kopfzerbrechen bereitete der Polizei ein Kleintransporter von Greenpeace.

Kopfzerbrechen bereitete der Polizei ein Kleintransporter von Greenpeace.

(Foto: dapd)

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister von der CDU dankte den friedlichen Demonstranten und kritisierte die Randalierer. Er habe Respekt vor den Demonstranten, die besonnen und friedlich seien. "Umso mehr kritisiere ich diejenigen, die Gewalt gegen Sachen und Menschen ausgeübt haben. Das ist nicht akzeptabel."

Atomkraftgegner forderten McAllister erneut auf, ein Ende des Atomendlager-Projekts im Salzstock Gorleben zu forcieren. Die Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt" erklärte: "Er muss sich in den Bund-Länder-Gesprächen dafür einsetzen, dass nicht noch mehr Geld im maroden Salzstock von Gorleben versenkt wird."

Die Proteste richten sich vor allem gegen die Einrichtung eines Endlagers in Gorleben.

Die Proteste richten sich vor allem gegen die Einrichtung eines Endlagers in Gorleben.

(Foto: REUTERS)

Nach Angaben von Greenpeace ergaben aktuelle Messungen, dass die Strahlenbelastung seit der Ankunft des Castor-Transports am Morgen über 600 Mal höher war als wenige Stunden zuvor. "Zwar liegt die Strahlung damit vermutlich innerhalb der Grenzwerte. Die zulässige Jahresdosis an Radioaktivität würde aber in direkter Nähe der Behälter innerhalb weniger Stunden erreicht", heißt es in einer Mitteilung.

Nach Angaben des niedersächsischen Umweltministeriums liegen die Strahlenwerte der Castor-Behälter innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte. Die zulässigen Werte würden sicher eingehalten, sagte eine Ministeriumssprecherin in Hannover. Dies hätten Messungen beim Umladen der elf Castoren in Dannenberg ergeben. Die Strahlendosis von 0,1 Millisievert pro Stunde in zwei Metern Abstand sei eingehalten worden.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen