"Nicht vom Ausland unterstützt" Chamenei vollzieht Wende
27.08.2009, 07:45 Uhr
Trendwende oder taktisches Manöver? Chamenei geht öffentlich auf die Opposition zu.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Das Ausland hat nach Ansicht von Irans oberstem geistlichen Führer, Ayatollah Ali Chamenei, die Proteste gegen die umstrittene Präsidentenwahl nicht unterstützt. "Ich beschuldige die Anführer der jüngsten Vorfälle nicht, mit anderen Ländern wie den USA und Großbritannien verbündet zu sein, weil dies für mich nicht bewiesen ist", sagte Chamenei nach Berichten des staatlichen Senders Press TV bei einem Treffen mit Studenten in Teheran. Es bestehe aber kein Zweifel, "dass die Unruhen geplant worden seien, ob die Anführer dies nun wussten oder nicht", sagte er.
Nach dem Sieg von Präsident Mahmud Ahmadinedschad bei dem Urnengang Mitte Juni waren im Iran tausende Menschen wegen mutmaßlichen Wahlbetrugs auf die Straße gegangen. Die Regierung - auch Chamenei - warf daraufhin der Opposition vor, vom Ausland unterstützt worden zu sein. "Das Komplott der Opposition ist gescheitert", las ein Moderator des Staatsfernsehens aus der Erklärung Chameneis. Die iranische Nation habe ihren Feinden "eine Ohrfeige" verpasst, "aber sie haben die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben".
Bei den Protesten waren mindestens 4000 Menschen festgenommen worden, etwa 300 von ihnen sitzen nach offiziellen Angaben noch im Gefängnis. 30 Menschen wurden nach Angaben Teherans getötet, die Opposition spricht von 69 Todesopfern.
Chamenei fordert "solide Beweise"
Chamenei äußerte sich in der Erklärung auch zu einer möglichen Strafverfolgung der Regierungsmilizen, die teilweise mit großer Brutalität gegen die Demonstranten vorgegangen waren. Er schätze die Arbeit der Bassidsch-Milizen bei den Protesten, sagte Chamenei. Das bedeute aber nicht, dass "bestimmte Verbrechen" nicht untersucht würden. Auch dürfe man die wegen der Proteste Angeklagten nicht aufgrund von Gerüchten und Vermutungen aburteilen. "Die Justiz kann Urteile ausschließlich auf der Basis von soliden Beweisen sprechen", erklärte der geistliche Führer des Irans.
Etwa 140 Menschen müssen sich seit Anfang August wegen ihrer Teilnahme an den Protesten vor Gericht verantworten, unter ihnen auch die französische Universitätsdozentin Clotilde Reiss. Westliche Staaten haben die Verfahren als Schauprozesse kritisiert.
Der frühere iranische Präsident Mohammed Chatami bezeichnete die Geständnisse der Oppositionellen in den Massenprozessen am Mittwoch als "Lügen". Die Aussagen der Angeklagten seien unwahr und deshalb "ungültig". Die iranische Justiz wirft unter anderem auch Vertrauten Chatamis vor, "Drahtzieher" der Proteste zu sein. Einige von ihnen räumten nach offiziellen Angaben vor Gericht ein, nach dem Urnengang aufgrund "falscher Analysen große Fehler" begangen zu haben.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa