Tibeter "in ständiger Angst" China am Pranger
10.03.2009, 12:19 UhrZum 50. Jahrestag des Aufstandes in Tibet hat der Dalai Lama eine dramatische Anklage gegen China erhoben und die Forderung nach "echter" Autonomie bekräftigt. Die Volksrepublik habe den Tibetern die Hölle auf Erden bereitet, sagte das geistliche Oberhaupt der Tibeter im indischen Dharamsala. Dennoch strebe sein Volk nicht nach Unabhängigkeit, sondern nach einer rechtmäßigen Autonomie. "Wenn diese Hoffnung erfüllt wird, würde das tibetische Volk seinen Beitrag für die Erhaltung von Einheit und Stabilität in China leisten." Aber noch immer allerdings lebten die Tibeter "in ständiger Angst" vor den chinesischen Behörden. Zudem drohe eine Auslöschung der tibetischen Sprache, Kultur und Identität, warnte der Dalai Lama.
Seit dem Aufstand vom 10. März 1959 habe China den Tod von hunderttausenden Menschen verursacht und unaussprechliches Leid über die Himalaya-Region gebracht, sagte der Dalai Lama in seiner Ansprache im indischen Exil. "Dies stieß die Tibeter in solche Abgründe von Leid und Not, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle auf Erde durchlebten." Dabei strebten die Tibeter nach nichts anderem als nach einem Arrangement, wie sie innerhalb der Volksrepublik leben könnten. "Ich habe keinen Zweifel, dass sich die gerechte Sache Tibets letztlich durchsetzen wird", sagte der 73-Jährige.
Gewaltfreier Protest
Obwohl China seit vergangenem Jahr mit brutaler Gewalt auf die Proteste der Tibeter reagiere, werde die Exil-Regierung in Dharamsala aber auch in Zukunft am gewaltfreien "Weg der Mitte" festhalten, betonte der Dalai Lama. Denn die Politik, sich im Dialog für Autonomie einzusetzen, werde von der großen Mehrheit der Tibeter unterstützt. Am 10. März 1959 hatten sich in Tibet Tausende Menschen gegen die chinesische Besatzung erhoben. Der Aufstand wurde niedergeschlagen und der Dalai Lama flüchtete am 17. März ins Exil nach Indien.
China spricht von Lügen
Die chinesische Regierung warf dem geistlichen Oberhaupt in einer ersten Reaktion die Verbreitung von Lügenpropaganda vor. "Die Clique des Dalai Lama unterscheidet nicht das Richtige vom Falschen. Sie verbreitet Gerüchte", erklärte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. "Die demokratischen Reformen in Tibet sind die umfangreichsten und tiefgreifendsten in seiner Geschichte", fügte er hinzu. Zu den "Lügen des Dalai Lama" wolle er sich nicht weiter äußern.
In der Hauptstadt Neu Delhi protestierten Hunderte junge Exil-Tibeter friedlich gegen die chinesische Besatzung. In Sprechchören forderten die Demonstranten ein Ende der Gewalt in Tibet. Zahlreiche Teilnehmer schwenkten tibetische Fahnen und Transparente mit Aufschriften wie "China lügt" oder "Dalai Lama". Das geistliche Oberhaupt hatte die Exil-Tibeter zunächst dazu aufgerufen, in stillem Gedenken und mit Gebeten an den Jahrestag des Aufstands zu erinnern. "Wir haben keine andere Wahl als friedlich zu protestieren, dennoch verspüren wir große Wut gegenüber China", erklärte einer der Protestteilnehmer. Auch im Nachbarland Nepal gab es Kundgebungen.
Vor dem Weißen Haus in Washington schwenkten Aktivisten in der Nacht Fahnen und Transparente, bevor sie zwei Schweigeminuten zum Gedenken an den Aufstand und die anschließende Flucht des Dalai Lama nach Indien einhielten. Bei einer Kundgebung in Australien gab es Zusammenstöße mit der Polizei, als Demonstranten versuchten, zur chinesischen Botschaft vorzudringen. Vier Aktivisten wurden nach Polizeiangaben festgenommen.
In Tibet und den benachbarten Provinzen im Süden Chinas herrschte anlässlich des Jahrestages ein erhöhtes Sicherheitsaufgebot. In Lhasa wurden Straßenkreuzungen von bewaffneten Polizisten bewacht.
Am 10. März 1959 hatten sich in Tibet tausende Menschen gegen die chinesische Besatzung erhoben. Der Aufstand wurde niedergeschlagen und der Dalai Lama flüchtete am 17. März ins Exil nach Indien. Von den insgesamt knapp sechs Millionen Tibetern leben etwa 110.000 im indischen Exil. 20.000 Tibeter haben sich in Nepal niedergelassen.
Quelle: ntv.de