Politik

Merkel will Dalai Lama treffen China verschärft den Ton

Im Streit um seine Tibet-Politik hat Peking jetzt einen deutlich schärferen Ton angeschlagen und sich gegen jede Einmischung des Auslands verwahrt. Staats- und Parteichef Hu Jintao wies Forderungen des Westens nach einem Dialog mit dem Dalai Lama entschieden zurück.

Vier Monate vor den Olympischen Spielen in Peking warf der chinesische Volkskongress dem Europaparlament "arrogante Einmischung" in die inneren Angelegenheiten des Landes vor. Die Regierung beschuldigte die "Dalai-Clique", sie habe die Unruhen in Tibet organisiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte am Sonntag ihr Festhalten an einem neuen Treffen mit dem Dalai Lama, dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter.

Die Unruhen in Tibet sollten, so die offizielle chinesische Regierungserklärung vom Sonntag, "Tibet von China abspalten, das normale und harmonische Leben der Menschen in Tibet zerstören und die Olympischen Spiele in Peking beschmutzen". Unter der "Camouflage der Religion" versuche der Dalai Lama, "das Land zu spalten und die nationale Einheit zu untergraben".

Europaparlament darf "Gefühle des chinesischen Volkes nie wieder verletzen"

Der Volkskongress erklärte am Samstag, die "unbegründete" Kritik des Europaparlaments an Pekings Tibet-Politik werde "die chinesisch-europäischen Beziehungen belasten". Die Europaparlamentarier hatten am Donnerstag das Vorgehen chinesischer Sicherheitskräfte in Tibet scharf verurteilt. Die EU sollte sich einen Boykott der Feier offenhalten, falls China nicht mit dem Dalai Lama Gespräche führe. In der Erklärung hieß es nun, das Europaparlament dürfe die Gefühle des chinesischen Volkes nie wieder verletzen. Die Parlamentarier hätten den Geist der Olympischen Charta verletzt und die Spiele politisiert.

Staats- und Parteichef Hu Jintao warf dem Dalai Lama vor, "Gewalt anzustacheln" und die Olympischen Spiele in Peking "sabotieren" zu wollen. Nach Angaben der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua sagte Hu bei einem Treffen mit Australiens Premierminister Kevin Rudd, der Dalai Lama müsse erst seinen Kampf für eine Unabhängigkeit Tibets und eine "Spaltung des Vaterlandes" aufgeben sowie der Gewalt abschwören. Dann sei die chinesische Führung zu Gesprächen bereit. Der Dalai Lama hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, dass er weder eine vollständige Unabhängigkeit für Tibet anstrebe, noch rufe er zur Gewalt auf.

Vor mehreren Tausend Anhängern rief der Dalai Lama in Seattle im US-Bundesstaat Washington zu einem "Jahrhundert des Dialogs" auf. "Beim Einsatz von Gewalt zur Lösung eines Problems entstehen oft viele unerwartete Nebeneffekte", sagte er während eines Kongresses zum Thema "Mitgefühl".

Merkel will sich erneut mit Dalai Lama treffen

Westliche Politiker hatten China nach den Unruhen in Tibet mehrfach zu Gesprächen mit dem Dalai Lama aufgerufen. Auch Kanzlerin Merkel sprach sich für einen Dialog Pekings mit den Tibetern aus. Trotz aller Proteste von chinesischer Seite will sie sich erneut mit dem Dalai Lama treffen, bekräftigte sie in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Ein Empfang des Dalai Lama im Bundeskanzleramt im vergangenen September hatte zu Verstimmungen in den deutsch-chinesischen Beziehungen geführt.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International rief das Internationale Olympische Komitee (IOC) auf, konkrete Schritte zur Verbesserung der Menschenrechte von der chinesischen Regierung einzufordern. "Das IOC hat seinen Handlungsspielraum bei weitem nicht ausgeschöpft", kritisierte Dirk Pleiter, China-Experte von Amnesty in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Die Vergabe der Sommerspiele an Peking wäre für das IOC die Chance gewesen, sich das Thema Menschenrechte in überzeugender Weise zu Eigen zu machen - diese Chance hat es verpasst."

Mönche sollen Bombenanschlag verübt haben

In Tibet wurden unterdessen neun Mönche verhaftet, die einen Bombenanschlag auf ein Regierungsgebäude in der Region verübt haben sollen. Die Männer sollen nach Angaben der Nachrichtenagentur Xinhua vom Sonntag im März mit einem Motorrad einen selbst gebastelten Sprengsatz in das Verwaltungsgebäude der Stadt Gynabe transportiert und dort zur Explosion gebracht haben. Die Mönche hätten nach ihrer Verhaftung am 6. April die Tat gestanden.

Bei schweren Unruhen in Tibet waren im vergangenen Monat nach Angaben Pekings 19 Menschen, nach Angaben der tibetischen Exilregierung etwa 140 Menschen ums Leben gekommen. Seit Beginn der Auseinandersetzungen am 10. März hat die chinesische Polizei tausende Menschen festgenommen.

Quelle: ntv.de

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