"Unangemessen und falsch" Clement kritisiert Rüge
24.11.2008, 19:09 UhrDer frühere Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement wird nicht aus der SPD ausgeschlossen. Die Schiedskommission der Bundes-SPD erteilte ihm in letzter Instanz wegen SPD-kritischer Äußerungen im hessischen Landtagswahlkampf im vergangenen Januar lediglich eine Rüge. Beide Seiten haben den Spruch akzeptiert und damit einen monatelangen Streit beigelegt. Clement ist seit 1970 SPD-Mitglied.
In einer schriftlichen Erklärung bedauerte Clement ausdrücklich seine damaligen Äußerungen. Es sei nicht seine Absicht gewesen, den hessischen Sozialdemokraten im Wahlkampf zu schaden. Er habe auch nicht dazu aufgerufen, die SPD und ihre gewählten Vertreter nicht zu wählen, betonte Clement, der selbst nicht an der Sitzung teilnahm. Er fügte hinzu: "Ich werde aber bei der Wortwahl künftiger Äußerungen darauf achten, dass solche Missverständnisse nicht mehr entstehen."
Clement hat zudem die gegen ihn ausgesprochene Rüge kritisiert. "Ich halte eine Rüge für unangemessen und falsch", sagte er dem "Handelsblatt". "Es bleibt dabei, die Energiepolitik der hessischen SPD ist falsch und in einem Industrieland nicht zu verantworten", sagte Clement im Anschluss an den Beschluss der Schiedskommission. "Ich werde mich auch in Zukunft an der Debatte beteiligen", kündigte Clement an.
M üntefering ist dabei
Die dreiköpfige Schiedskommission beschloss daraufhin, den Ende Juli von der Spruchkammer des nordrhein-westfälischen SPD-Verbandes verhängten Parteiausschluss aufzuheben. Die von Clements Unterbezirk in Bochum im April ausgesprochene Rüge wurde dagegen bestätigt. Dagegen hatte Clement damals Widerspruch eingelegt.
SPD-Bundesgeschäftsführer Hubertus Heil sprach von einer "angemessenen und vernünftigen Entscheidung". Sie zeige, dass die Meinungsfreiheit in der SPD umfassend gewährleistet sei. "Zugleich gilt jedoch auch der Grundsatz der innerparteilichen Solidarität", erklärte Heil.
Nordrhein-Westfalens SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft begrüßte die Entscheidung ebenfalls. "Es ist gut, dass sich beide Seiten bewegt haben und dass so ein Kompromiss gefunden werden konnte."
An dem Termin im Willy-Brandt-Haus nahm auch SPD-Chef Franz Müntefering teil, der sich ebenso wie weitere führende Sozialdemokraten gegen einen SPD-Ausschluss ausgesprochen hatte.
Vorwurf der Lobby-Politik
Clement hatte nach seinem Ausscheiden aus der Politik mehrere Aufsichtsratsmandate in der Wirtschaft übernommen. Teile der SPD werfen ihm deshalb Lobby-Politik vor. Eine Woche vor der Landtagswahl in Hessen hatte er in einem Zeitungsbeitrag die Pläne von SPD-Spitzenkandidaten Andrea Ypsilanti, insbesondere in der Energiepolitik, scharf attackiert. Er hatte sich gegen den Ausstieg aus der Kernenergie ausgesprochen und Ypsilanti eine unrealistische Energiepolitik vorgeworfen.
"Wer es wie sie will, der muss sich klar sein: Das geht nur um den Preis der industriellen Substanz Hessens", schrieb Clement damals in einem Gastbeitrag in der "Welt am Sonntag" und fügte hinzu: "Deshalb wäge und wähle genau, wer Verantwortung für das Land zu vergeben hat, wem er sie anvertrauen kann - und wem nicht."
Führende Parteilinke wie Schleswig-Holsteins SPD-Landeschef Ralf Stegner legten Clement kurz vor dem Beschluss der Schiedskommission noch den freiwilligen SPD-Austritt nahe. Der Bundestagsabgeordnete Hermann Scheel, der unter Ypsilanti Wirtschaftsminister werden sollte, meinte, Clement habe gezielt versucht, einen SPD-Wahlsieg zu verhindern. Die Bundesschiedskommission wird von der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts in Mecklenburg-Vorpommern, Hannelore Kohl, geleitet.
Quelle: ntv.de