Niederlage für Rebellen D-Day auf den Komoren
25.03.2008, 13:14 UhrExplosionen im Morgengrauen, Landungstruppen stürmen über Palmenstrände: Weit abseits des Weltinteresses hat die Afrikanische Union (AU) rund 1.500 Soldaten auf die Komoren entsandt, einen aus drei Inseln bestehenden Bundesstaat im Indischen Ozean. Von See aus griffen sie die gerade mal 424 Quadratkilometer große Insel Anjouan (Nzwani) an. Ihr Ziel: Den dortigen Machthaber, Oberst Mohammed Bacar, zu stürzen. Der hatte sich 2007 in einer als illegal angesehen Wahl zum Präsidenten küren lassen und die Insel faktisch vom Rest der Komoren abgetrennt.
Dort ist man Kummer und Militäraktionen gewohnt: Seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1975 hat es auf den Komoren knapp zwei Dutzend Putsche gegeben - auch der französische Söldnerführer Bob Denard war dort zu trauriger Berühmtheit gelangt.
AU schafft Präzedenzfall
Für die der Europäischen Union (EU) nachempfundene AU ging es vor allem ums Prinzip, nämlich die kolonialen Grenzen anzuerkennen - also um die territoriale Einheit der Komoren. Mit der Invasion eines Mitgliedsstaats schuf sie aber zugleich einen Präzedenzfall. Nachdem mehrere Vermittlungen sowie eine militärische Intervention der komorischen Zentralregierung von Staatspräsident Ahmed Abdallah Sambi vor einem Jahr kläglich gescheitert waren und auch ein von der AU unterstütztes Embargo nichts half, setzten die Afrikaner jetzt auf Gewalt.
Schwere Kritik an der Militäraktion kam aus Südafrika. Dort verstand man nicht so recht, warum man die Muskeln spielen lassen müsse, solange nicht alle diplomatischen Wege erschöpft seien. Präsident Thabo Mbeki stufte die Intervention als überzogen ein. Im nationalen Rundfunk betonte er: "Ich halte das Ganze für sehr unglücklich, da es die Komoren durch die Anwendung von Gewalt zurückwirft!" Die Härte sei unnötig gewesen, zumal es friedliche Alternativen gegeben habe.
"Es gibt keine Gewalt, es sind keine Menschenleben zu beklagen, es gibt keine sozialen Spannungen - zu einem gewissen Grad ist es ungewöhnlich, dort militärisch vorzugehen", hatte Tage zuvor Südafrikas Außenministerin Nkosazana Dlamini-Zuma erklärt. Kritiker erhoben den Einwand, wieso die AU im Sudan so zurückhaltend sei, auf dem Mini-Eiland im Indischen Ozean aber auftrumpfe.
Vulkaninseln im indischen Ozean
Die Komoren sind karge Vulkaninseln, zwischen Madagaskar, dem afrikanischen Festland und den Seychellen. Ihre Bevölkerung zählt zu den ärmsten der Welt. Auf Anjouan (Nzwani) - einst ein eigenständiges Sultanat - leben rund 200.000 Menschen, fast ein Drittel der 650.000 Komorer. Fischfang, Ackerbau, Tourismus - das ist alles, was die Wirtschaft der abtrünnigen Insel in die Waagschale zu werfen hat. Im Kern ging es bei dem Streit zuletzt um die Frage, ob zuerst die von der Zentralregierung gewünschten Neuwahlen stattfinden oder die von Oberst Bacar gewünschten Gespräche.
Doch die Zentralregierung wollte auf Biegen und Brechen eine Lösung. Stolz verkündete Regierungssprecher Abdurahim Said Bacar, den 400 eigenen und den sie unterstützenden AU-Soldaten sei der Sieg so gut wie sicher. Doch die zahlenmäßige Übermacht der Invasionstruppen überzeugte nicht jeden. Bei einem vorausgegangenen Manöver hätten sich die Truppen als kaum fit für den Seekrieg erwiesen, hatte eine südafrikanische Zeitung süffisant berichtet. Bei der Landung hätten einige Soldaten sogar die Waffen ins Wasser fallen lassen.
Von Ralf E. Krüger, dpa
Quelle: ntv.de