Politik

"Ikea nur die Spitze des Eisbergs" DDR-Zwangsarbeit wohl für mehrere Firmen

Der Discount-Riese soll Strumpfhosen bezogen haben, die bei Esda auch in Zwangsarbeit gefertigt worden sein sollen.

Der Discount-Riese soll Strumpfhosen bezogen haben, die bei Esda auch in Zwangsarbeit gefertigt worden sein sollen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Offenbar haben deutlich mehr West-Unternehmen ihre Waren auch durch Zwangsarbeit in der DDR erhalten als bislang angenommen. Einem Medienbericht zufolge gehören dazu auch Aldi und Volkswagen. Und die Liste ist wohl noch länger.

Neben dem schwedischen Möbelriesen Ikea haben offenbar auch der Discounter Aldi sowie der Autohersteller Volkswagen von Zwangsarbeit in der DDR profitiert. Zahlreiche Firmen aus der Bundesrepublik ließen Waren oder Warenbestandteile vor allem während der Amtszeit von Staatschef Erich Honecker in den 70er und 80er Jahren billig in DDR-Betrieben produzieren, die auch Häftlinge beschäftigten, berichtet "Report Mainz" in seiner jüngsten Sendung. Dabei beruft sich das ARD-Magazin auf eine noch unveröffentlichte Studie der Stasi-Unterlagen-Behörde.

Der Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, sagte dem Magazin, es seien viel mehr Unternehmen involviert als bislang bekannt: "Das Forschungsprojekt hat gezeigt: Ikea war nur die Spitze des Eisbergs." Das Unternehmen aus Schweden hatte im November eingeräumt, dass in der DDR politische Häftlinge und Strafgefangene unter Zwang Möbel für den Konzern fertigen mussten.

200 Millionen jährlich durch Zwangsarbeit

Die Untersuchung "Knastware für den Klassenfeind" des Historikers Tobias Wunschik nennt "Report Mainz" zufolge zahlreiche Unternehmen aus der Möbelindustrie, Versandhäuser und Warenhäuser, aber auch Unternehmen aus der Auto- und Stahlindustrie, die in den DDR-Betrieben produzieren ließen. Laut Wunschik wurden schätzungsweise mindestens 200 Millionen Mark jährlich mit Waren umgesetzt, die allein auf Häftlingsarbeit beruhten.

Aldi habe demnach über die VEB Esda Thalheim Strumpfhosen bezogen. Hier seien auch weibliche Gefangene des DDR-Frauenzuchthauses Hoheneck zur Zwangsarbeit eingesetzt gewesen. Volkswagen habe im Zuge von Kompensationsgeschäften unter anderem Scheinwerfer und Abdeckklappen vom DDR-Betrieb VEB Kombinat Fahrzeugelektrik Ruhla erhalten. Auch dort seien Gefangene zur Arbeit gezwungen worden. Beide Unternehmen erklärten "Report Mainz", den Einsatz von Häftlingen weder gebilligt noch davon gewusst zu haben.

Esda produziert inzwischen unter dem Namen Ergora Strumpfwaren. Die verbliebenden Teile des einstigen Kombinats Fahrzeugelektrik Ruhla firmiert seit 2008 als Truck-Lite Europe und hat seinen nahe Eisenach.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP

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