Gesundheitsreform rechtens Dämpfer für Privatkassen
10.06.2009, 07:22 UhrPrivate Krankenkassen müssen mehr Wettbewerb hinnehmen: Mit ihrer Klage gegen Teile der Gesundheitsreform sind die privaten Krankenversicherungen vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Die FDP kritisiert bei n-tv die fehlende "Waffengleichheit" zwischen den Kassen.
Die von den privaten Kassen bemängelten zentralen Vorschriften der Gesundheitsreform verletzen nach Auffassung der Karlsruher Richter die Kläger nicht in Grundrechten wie der Berufsfreiheit und der Vereinigungsfreiheit. Der vom Gesetzgeber verordnete Aufnahmezwang sogenannter schlechter Risiken wie etwa Menschen mit niedrigem Einkommen in einen Basistarif der privaten Kassen sei rechtens.
Die Branche muss zudem die Übertragbarkeit von Altersrückstellungen beim Wechsel eines Versicherten zu einer anderen privaten Kasse ebenso hinnehmen wie längere Sperrfristen beim Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung. (AZ: 1 BvR 706/08)
Damit bestätigte das Gericht das Reformwerk von 2007 und wies die Klagen von fünf privaten Krankenkassen und drei privat Versicherten ab. Sie hatten sich dagegen gewandt, dass die privaten Kassen seit diesem Jahr unter anderem einen einheitlichen Basistarif anbieten müssen und Privatversicherte bei einem Wechsel des Unternehmens zum Teil ihre Altersrückstellungen mitnehmen können.
Die den Änderungen zugrundeliegenden Prognosen seien jedoch nicht zu beanstanden, urteilte das Gericht. Dennoch müsse der Gesetzgeber die weitere Entwicklung beobachten. Geklagt hatten die Victoria, Axa und Süddeutsche Krankenversicherung, der Debeka Versicherungsverein, die Allianz Krankenversicherungs-Aktiengesellschaft.
FDP fordert "Waffengleichheit"
Nach der Verkündigung des Urteils forderte die FDP ein "wettbewerbliches Gesundheitssystem". Derzeit sei der "faire Wettbewerb" der gesetzlichen mit den privaten Krankenkassen nicht gegeben, beklagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel bei n-tv.
"Was wir kritisieren, ist, dass durch die Wartefrist, ehe man in die private Versicherung wechseln kann, natürlich dauerhaft die Substanz der privaten Versicherten abgebaut wird, also die privaten ausgetrocknet werden." Zwischen den Versicherungssparten sei "Waffengleichheit" nötig, so Niebel weiter. "Wir unterstellen ausdrücklich Böswilligkeit bei Ulla Schmidt, denn sie will an die Altersrückstellung der privaten Krankenversicherungen ran, um damit die gesetzliche Krankenversicherung zu sanieren. Auch das ist nur Politik auf Pump."
Hoffnung auf Bürgerversicherung
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die gesetzlichen Krankenkassen haben dagegen das Scheitern der privaten Krankenversicherung (PKV) begrüßt. Dies mache Hoffnung für eine Bürgerversicherung unter Einbeziehung aller Versicherten, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach in Berlin. "Die nächste Gesundheitsreform muss dazu genutzt werden, die PKV mit in den Finanzausgleich der gesetzlichen Krankenkassen einzubeziehen."
Die Vorsitzende des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Doris Pfeiffer, forderte weitere Reformen. "Nach wie vor bleibt es dabei, dass Wechsler in die GKV ihre Altersrückstellungen nicht mitnehmen können", kritisierte sie.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/rts