Politik

"Wir können das packen" Das Mantra der Herausforderin

In der Gaststätte "Rothe Warte" im Main-Städtchen Mühlheim schildert Andrea Ypsilanti ihre Vorstellungen von einem SPD-regierten Hessen. Gut 250 Menschen drängeln sich zur Kaffee- und Kuchenzeit in dem Saal. SPD-Generalsekretär Norbert Schmitt stellt schnell noch Stühle hinzu, dennoch müssen manche stehen. Zu denen zählen auch rund 50 Medienvertreter, die der SPD-Spitzenkandidatin auf einer Wahlkampf-Tour durch das Rhein-Main-Gebiet folgen.

Mit ihren Kameras und Mikrofonen verwirren sie SPD-Ortschef Axel Schwarz derart, dass er Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) zur allgemeinen Erheiterung als Ministerpräsident von Baden- Württemberg ankündigt. Gastredner Platzeck hält eine elegante Rede und bekommt herzlichen Beifall, Ypsilanti weckt mit ihren einfachen Sätzen Begeisterung.

Die zentrale Botschaft der Gegenspielerin von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) ist so schlicht wie elektrisierend für ihre Anhänger. "Wir schaffen das", sagt sie immer wieder und: "Wir sind ganz nah dran." Dazu verweist sie auf Umfragen, nach denen die SPD aufholt, die CDU verliert und sie selbst mit Koch bei der Zustimmung der Wähler gleichgezogen hat. Zwar weist bisher keine Umfrage auf eine rot-grüne Mehrheit hin, und eine Zusammenarbeit mit der Linken lehnt Ypsilanti ab. Dennoch ist es ihr gelungen, SPD-Mitgliedern und Sympathisanten Siegeshoffnung einzuimpfen und sie zu mobilisieren.

"Hier in Hessen macht Wahlkampf im Moment richtig Spaß", bekundet Platzeck. Auch die einfachen Helfer sehen das offenkundig so. Dabei räumt Ypsilanti selbst ein, wie erstaunlich das ist. "Wer hätte das vor einem halben Jahr gedacht", fragt sie in ihren Reden. Seit einem halben Jahr macht Ypsilanti bereits Wahlkampf und damit viel länger als die CDU. Sie sieht das als wichtigen Grund für den Stimmungsumschwung, nachdem sie sich in zahlreichen Rededuellen gegen ihren parteiinternen Konkurrenten um das Spitzenamt, Jürgen Walter, nur denkbar knapp durchgesetzt hatte und das Wort von der Spaltung die Runde machte.

Ypsilantis Kritik an Koch fällt in den Reden deutlich knapper aus als die eigenen Vorstellungen von besseren Schulen, einer sozialeren Gesellschaft mit Mindestlöhnen und einem Umbau der Energieversorgung hin zu Alternativen wie Wind-, Bio- und Solarenergie. Polemik ist nicht ihre Sache. Koch und die CDU seien kurz vor Weihnachten aufgewacht und hätten bemerkt, dass es selbst mit der FDP nicht zu einer Mehrheit reichen könnte, sagt sie süffisant. Seitdem mache Koch, was er immer in solchen Situationen mache: Er spalte, schüre Angst und Ressentiments, sagt sie zum Thema Jugendkriminalität, das der CDU-Ministerpräsident in den Wahlkampf eingebracht hatte.

Selbstverständlich müsse darüber gesprochen werden, erklärt die SPD-Kandidatin und betont: "Straftäter müssen bestraft werden, und Serientäter müssen hart bestraft werden." Es komme aber auf den Ton an. Außerdem müsse sich Koch fragen lassen, was er in Hessen in neun Jahren Regierungszeit getan habe. Dann kommen Hinweise unter anderem auf gestrichene Richter- und Polizistenstellen und gekürzte Mittel etwa für Projekte der Jugendarbeit.

Die immer wieder leicht variierten Reden bei SPD-Neujahrsempfängen in Ober-Ramstadt und Frankfurt und beim Besuch der SPD-Betriebsgruppe auf dem Frankfurter Flughafen kommen gut an. Zwischendurch gibt sie den mitreisenden Journalisten etliche Interviews. Dabei geht es oft um zwei Fragen, die Ypsilanti auch bei potenziellen Wählern sieht und immer wieder zitiert: "Was ist das für eine Frau? Kann die das?" Bei einer Veranstaltung am Abend in Frankfurt gibt es wieder Ypsilantis Refrain: "Wir können das packen."

Quelle: ntv.de, Michael Biermann, dpa

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