Politik

"Euro Hawk"-Dokumente nun doch unzensiert De Maizière gibt dem Druck nach

Hier sprach er: Thomas de Maizière am Mittwoch bei einer Veranstaltung in Celle.

Hier sprach er: Thomas de Maizière am Mittwoch bei einer Veranstaltung in Celle.

(Foto: dpa)

Wann wusste Verteidigungsminister de Maizière, dass der "Euro Hawk" in Deutschland nicht fliegen darf, und warum informiert er die Öffentlichkeit immer erst so spät? Solange diese Fragen nicht beantwortet sind, ist er nicht aus dem Gröbsten raus. Die Kanzlerin vertraut ihm. "Das zeigt, wie schlecht es um ihn steht", höhnt die SPD.

Mehr als eine Woche nach den ersten Meldungen über das Aus für die Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière zugesichert, dem Bundesrechnungshof alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Ein Sprecher des Ministeriums sagte, man werde dem Rechnungshof "volle Einsicht" in die Unterlagen zum "Euro Hawk" geben.

Bereits Ende 2011 hatte der Bundesrechnungshof erstmals Akteneinsicht verlangt. Das Verteidigungsministerium hatte jedoch nur Unterlagen herausgegeben, die teilweise geschwärzt waren. Zur Begründung verwies das Ministerium auf Geheimhaltungsklauseln der US-Industrie.

Ministeriumssprecher Stefan Paris sagte jetzt, die entsprechenden Passagen sollen "in der Einstufungsform Geheim" zur Verfügung gestellt werden. "Das bedeutet, dass der Bundesrechnungshof seine Arbeit tun kann und die amerikanischen Rechte insoweit gewahrt bleiben."

Am 5. Juni will de Maizière reden

Die Zeit drängte: Anfang Juni will der Bundesrechnungshof dem Haushaltsausschuss des Bundestags einen Bericht vorlegen. Etwa zur selben Zeit, am 5. Juni, will de Maiziere dem Verteidigungsausschuss Rede und Antwort stehen - bislang hatte er nur seinen Staatssekretär geschickt. Konsequenzen aus dem Debakel will er erst nach diesem Termin ziehen, wie der CDU-Politiker am Rande einer Tagung im niedersächsischen Celle ankündigte. "Ich denke es ist angemessen, dass ich auch zuerst die Abgeordneten des Deutschen Bundestages informiere und danach die Öffentlichkeit."

Die Kanzlerin steht hinter ihrem Verteidigungsminister.

Die Kanzlerin steht hinter ihrem Verteidigungsminister.

(Foto: dpa)

Vor allem durch seine äußerst zurückhaltende Informationspolitik war de Maizière unter Druck geraten. Ministeriumssprecher Paris wollte einen Bericht der "Welt" weder bestätigen noch dementieren, nach dem der Vertrag mit dem Hersteller der Drohnen noch gar nicht gekündigt sei. "Fest steht aber, dass wir keine Möglichkeit mehr gesehen haben, hier erfolgreich einen Entwicklungsvertrag zu Ende zu bringen", betonte er.

Es geht um bis zu eine Milliarde Euro

De Maiziere, der im Kabinett bislang nach allgemeiner Einschätzung zu den stärksten Ministern zählte, ist durch die "Euro Hawk"-Affäre schwer in die Kritik geraten. Die Opposition hatte ihm zum einen vorgeworfen, sich nicht zu den Vorgängen zu äußern, zum anderen, die Öffentlichkeit jahrelang getäuscht zu haben, da die massiven Probleme mit dem "Euro Hawk" bereits Ende 2011 bekannt gewesen seien. Dennoch sei weiter Geld in das Milliardenprojekt geflossen - auch an den US-Rüstungskonzern Northrop Grumman.

Nach Schätzungen der Opposition wurden Steuergelder in Höhe von 680 Millionen Euro verbrannt. Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour befürchtet, dass die Drohnen-Pannen "noch mehr als eine Milliarde Euro" kosten können, wie er der "Bild"-Zeitung sagte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel vertraue ihrem Verteidigungsminister aber, betonte ihr stellvertretender Regierungssprecher Georg Streiter. Die Bundeskanzlerin habe "volles Vertrauen in den Bundesminister de Maiziere", sagte Streiter.

"Das dröhnenden Schweigen des Ministers"

Die Opposition will sich damit nicht zufrieden geben. "Das dröhnende Schweigen von Minister de Maizière ist unerträglich", erklärte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Der Verteidigungsminister wolle den Skandal aussitzen, anstatt selbst Verantwortung zu übernehmen. "Dass Frau Merkel Minister de Maizière ihr volles Vertrauen ausspricht, zeigt, wie schlecht es um ihn steht", meinte Oppermann.

Aufgedeckt wurde die "Euro Hawk"-Pleite nicht vom Ministerium, sondern von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Das Blatt hatte bereits am Abend des 13. Mai berichtet, dass der "Euro Hawk" keine Zulassung bekomme. Tags darauf gab es nur eine inoffizielle Bestätigung aus dem Verteidigungsministerium - von de Maizière gab es keine Stellungnahme. Erst am 16. Mai äußerte der Minister sich im Rahmen einer Regierungserklärung im Bundestag.

Zu diesem Zeitpunkt waren allerdings noch nicht alles Details bekannt: Der "Spiegel" meldete am 17. Mai vorab, dass der Bundesrechnungshof schon Ende 2011 Bedenken gegen das Drohnenprojekt erhoben hatte. Die Behörde selbst teilte mit, ihr seien zwar Unterlagen gegeben worden, diese seien an den entscheidenden Stellen aber geschwärzt gewesen. Auch zu den öffentlichen Forderungen des Rechnungshofs nach vollständiger Akteneinsicht sagte de Maizière zunächst nichts.

"Transparenter Ansatz"

Jetzt strebt de Maizière einen "sehr transparenten Ansatz" an, beteuerte sein Sprecher. Bis Anfang Juni sollten die Ergebnisse einer ministeriumsinternen Arbeitsgruppe zum Ablauf der Entscheidungsprozesse und zu den Verantwortlichkeiten vorliegen.

"Euro Hawk" ist die europäische Version der US-Drohne "Global Hawk". Fünf Drohnen vom Typ "Global Hawk" hat die Nato bestellt - bislang ist allerdings unklar, ob diese Drohnen dann Deutschland überfliegen darf. Deutschland ist an diesem Projekt mit 480 Millionen Euro beteiligt.

Quelle: ntv.de, hvo/DJ/AFP/rts

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