Weniger Polizei im Straßenbild De Maizière und seine Nicht-Entwarnung
01.02.2011, 18:19 UhrDie Warnungen vor einem möglichen Terroranschlag versetzten Deutschland im November in Höchstspannung. Passiert ist bis heute zum Glück nichts. Jetzt lässt Innenminister de Maizière die Maßnahmen wieder zurückfahren - obwohl die Gefahr nicht gebannt ist.

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere fährt die vor zweieinhalb Monaten verschärften Sicherheitsmaßnahmen in Deutschland wieder zurück.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wie kommt er da wieder raus? Diese Frage drängte sich schon im November auf, als Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) öffentlich vor möglichen Anschlägen islamistischer Terroristen in Deutschland warnte. Wer warnt und damit Bürger und Sicherheitskräfte in einen besonderen Alarmzustand versetzt, muss irgendwann auch erklären, wann und warum Sicherheitsmaßnahmen wieder heruntergefahren werden. Das Problem: Eine hundertprozentige Sicherheit für irgendetwas kann es nie geben. De Maizière wagte den Schritt am Dienstag. Die sichtbaren Sicherheitsmaßnahmen werden verringert. Von Entwarnung will der Minister aber dennoch nicht reden.
Im November begründet de Maizière sein Verhalten mit einer Reihe von Gründen: Deutschland war von befreundeten Geheimdiensten gewarnt worden und ging auch eigenen konkreten Hinweisen nach. Angeblich plane ein Scheich namens Junis al-Mauretani, einer der obersten Führer des Terrornetzes Al-Kaida, junge Islamisten für längerfristige Anschläge zu rekrutieren, um den Westen - auf welche Art auch immer - wirtschaftlich zu schwächen. Auch befürchten die Sicherheitsbehörden ein Szenario nach dem Muster der blutigen Anschläge von Mumbai. Dort griffen 2008 islamistische Terroristen prominente Ziele an und verursachten ein Blutbad. Zudem ist von "Schläfern" in Europa die Rede, die bislang unauffällig sind, aber nur auf ihre Einsatz warten könnten.
Wesentliche Hinweise von damals erwiesen sich nun aber als nicht so ernst wie zunächst angenommen. Informationen, wonach bereits eine indisch-islamische Gruppe auf dem Weg nach Deutschland sein sollte, bewahrheiteten sich nicht. Teils widersprüchliche Angaben eines deutschen "Gotteskriegers", der sich im Herbst aus dem Ausland an die deutschen Behörden gewandt hatte, konnten die Beamten nicht richtig auf ihre Richtigkeit abklopfen. Auf diesen Mann gingen die viel beachteten Hinweise auf mögliche Anschläge gegen den Reichstag zurück. Seit Ende 2010 gebe es keinen Kontakt mehr zu diesem potenziellen Aussteiger. "Das Ganze können wir nur aufdecken, wenn wir selbst mit ihm reden", hieß es aus Sicherheitskreisen.
Verdeckten Maßnahmen gehen weiter
Zudem verstrichen November, Weihnachten und der Jahreswechsel, ohne dass etwas passierte. Die USA haben ihren Reisehinweis für Europa aus dem Herbst nicht verlängert.
Warnungen haben aber nur eine Wirkung, wenn sie nicht inflationär ausgesprochen werden und nicht ewig gelten. Die ohnehin überlastete Polizei ächzte unter den vielen Aufgaben. Wenn Polizisten mit Maschinenpistolen und Schutzwesten an Bahnhöfen und Flughäfen unterwegs sind, halten das manche ohnehin nur für eine Beruhigungsmaßnahme für besorgte Bürger. Wichtiger sei das, was im Hintergrund ablaufe: die verdeckten Ermittlungen, das Auswerten, Austauschen und Abgleichen von Hinweisen. Genau das läuft nun weiter.
De Maizière und seine engsten Berater beteuern, weiter zu der Warnung vom November zu stehen. Ihnen ist aber die Gratwanderung bewusst, auf die sie sich damals und jetzt begeben. "Das ist immer ein Abwägungsprozess", heißt es. De Maizière wird nun möglicherweise vorsichtiger mit öffentlichen Warnungen umgehen. Er kündigt an, dass die Maßnahmen kurzfristig oder an bestimmten Einrichtungen auch wieder hochgefahren werden könnten. "Das kann mit einer öffentlichen Erklärung durch mich verbunden sein, muss es aber nicht."
Quelle: ntv.de, Bettina Grachtrup, dpa