Arbeitsmarkt "nicht reif" Debatte um Rente mit 67
22.06.2009, 09:49 Uhr
Die meisten Rentner wollen sich nicht auf die faule Haut legen. Sie wollen reisen, ihre Hobbys pflegen - oder Wanderstöcke züchten wie Ulrich Esche in Nienburg.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Ein Vorstoß aus dem linken Flügel der SPD hat eine neue Debatte um die Rente mit 67 ausgelöst. Der SPD-Parlamentarier Florian Pronold sagte der "Bild"-Zeitung, er gehe davon aus, dass wegen der Wirtschaftskrise die geplante Anhebung des Rentenalters nicht in Kraft treten könne. Während Sozialverbände und der DGB forderten, die Rente mit 67 müsse vom Tisch, hielt die SPD-Spitze am Beschluss der Großen Koalition fest.
Pronold, der kurz vor der Wahl zum SPD-Landesvorsitzenden in Bayern steht, sagte: "Ich gehe davon aus, dass die Rente mit 67 wegen steigender Arbeitslosenzahlen in der Wirtschaftskrise nicht in Kraft treten kann." Die im Gesetz vorgeschriebene Überprüfung werde ergeben, dass Ältere auf dem Arbeitsmarkt immer schlechtere Chancen hätten. Darauf müsse die Politik dann reagieren.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte in Berlin: "Wir sind der festen Überzeugung, dass das, was wir vorgeschlagen haben, richtig ist." Er verwies auf den veränderten demografischen Aufbau in der Bevölkerung. Zugleich hob Heil hervor, dass es flexible Übergänge aus dem Erwerbsleben in die Rente geben müsse. Daher wolle die SPD die von der Bundesagentur für Arbeit geförderte Altersteilzeit bis 2015 verlängern, wenn ein Unternehmen im Gegenzug eine frei werdende Stelle mit Jüngeren besetzt.
"Falsch und ungerecht"
Der Deutsche Gewerkschaftsbund forderte, die Rente mit 67 müsse "spätestens im nächsten Jahr vom Tisch". Es sei nicht vermittelbar, wenn die Politik bei dem bereits absehbaren deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit an der Verlängerung der Lebensarbeitszeit festhalten würde, erklärte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Die Rente mit 67 sei "falsch und ungerecht", weil sie in der Regel zu weiteren Rentenkürzungen führe.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) erklärte, die Rente mit 67 sei "wegen der sich verschärfenden Arbeitsmarktlage für ältere Beschäftigte unverantwortlich". Wer daran festhalte, "nimmt in Kauf, dass sich das Risiko der Altersarmut für ältere Beschäftigte deutlich erhöht", warnte SoVD-Präsident Adolf Bauer.
Auch der Sozialverband VdK bekräftigte seine Ablehnung der Rente mit 67. Der Arbeitsmarkt sei "nicht reif" dafür, sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. "Wer als 55-Jähriger seinen Job verliert, findet kaum einen neuen."
"Die Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt, dass man nicht bis 2010 warten muss, um die Anhebung der Altersgrenzen zu überprüfen", erklärte auch die Volkssolidarität. "Wir wollen keine Frühverrentungen, wir wollen aber ebenso, dass Menschen nicht wegen Arbeitslosigkeit zusätzlich mit Rentenabzügen bestraft werden", erklärte ihr Bundesgeschäftsführer Bernd Niederland.
Laut einer Überprüfungsklausel im Sozialgesetzbuch VI ist die Bundesregierung dazu verpflichtet, im Jahr 2010 zu prüfen, ob die Anhebung der Regelaltersgrenze unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage sowie der wirtschaftlichen und sozialen Situation älterer Arbeitnehmer weiterhin vertretbar ist. Dem von der Großen Koalition beschlossenen Gesetz zufolge soll zwischen 2012 und 2029 das Renteneintrittsalter schrittweise von 65 auf 67 Jahre steigen.
Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister und Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA, Karl-Josef Laumann, sagte der "Bild"-Zeitung: "Diese Prüfklausel muss man ernst nehmen."
Quelle: ntv.de, AFP