Politik

Karlsruhe soll Prozess verhindern Demjanjuk will klagen

Der mutmaßliche NS-Verbrecher John Demjanjuk will den Strafprozess gegen ihn durch den Gang vor das Bundesverfassungsgericht verhindern.

Demjanjuk bei einem Verfahren in Cleveland 2006.

Demjanjuk bei einem Verfahren in Cleveland 2006.

(Foto: AP)

Demjanjuks Verteidiger Ulrich Busch will am Freitag Verfassungsbeschwerde gegen die Ende November geplante Eröffnung der Hauptverhandlung vor dem Landgericht München erheben. Das sagte Busch dem "Tagesspiegel".

Der Prozess gegen den mutmaßlichen KZ-Wachmann Demjanjuk soll nach Justizangaben am 30. November beginnen. Das Verfahren vor dem Schwurgericht des Landgerichts München II sei zunächst auf 35 Verhandlungstage angesetzt. Mit einem Urteil sei nicht vor Mai 2010 zu rechnen.

Das Passfoto des mutmaßlichen NS-Kriegsverbrechers auf seiner Identifikationskarte aus dem Jahr 1948.

Das Passfoto des mutmaßlichen NS-Kriegsverbrechers auf seiner Identifikationskarte aus dem Jahr 1948.

(Foto: dpa)

Die Staatsanwaltschaft legt dem 89-Jährigen Beihilfe zum Mord an 27.900 Menschen vorwiegend jüdischen Glaubens zur Last. Konkret angeklagt ist er in 15 Fällen mit 9300 Todesopfern. Vor Gericht treten neun Angehörige von damals Ermordeten aus den USA, den Niederlanden, der Schweiz und Deutschland als Nebenkläger auf.

Anwalt will Demjanjuk auf freiem Fuß sehen

Per Eilverfahren will der Anwalt außerdem erreichen, dass Demjanjuk auf freien Fuß gesetzt wird. "Mein Mandant hat in Israel über sieben Jahre Haft verbüßt. Eine höhere Strafe ist jetzt nicht zu erwarten. Weil die israelische Haft angerechnet werden muss, entfällt der staatliche Strafanspruch", sagte er der Zeitung. Zudem habe sein Mandant kaum eine Chance, das Ende des Prozesses zu erleben.

Teilnahme am Massenmord

Die Anklage bezieht sich auf mutmaßliche Taten Demjanjuks als Wachmann im Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen im Jahr 1943. Hauptbeweismittel der Anklage ist ein SS-Dienstausweis mit der Nummer 1393. Zudem geht aus einer Liste von März 1943 hervor, dass Demjanjuk damals nach Sobibor verlegt wurde.

Der Beschuldigte ist nach Angaben des Simon-Wiesenthal-Zentrums der meistgesuchte Kriegsverbrecher. Er soll Kinder, Frauen und Männer in Gaskammern getrieben haben. Demjanjuk bestreitet, an den Verbrechen beteiligt gewesen zu sein. Er ist in einem Gutachten als verhandlungsfähig eingestuft worden. Die Ärzte haben jedoch empfohlen, die Verhandlungsdauer auf zwei Mal 90 Minuten pro Tag zu beschränken.

Das Verfahren dürfte einer der letzten großen Prozesse über Verbrechen aus der Zeit des Nationalsozialismus werden. Demjanjuk wurde Mitte Mai von den USA abgeschoben und sitzt seitdem im Münchner Gefängnis Stadelheim. Er leidet unter Nierenversagen, Blutarmut und hat Probleme mit der Wirbelsäule.

Der gebürtige Ukrainer stand schon einmal wegen Beihilfe zum Mord an Tausenden Juden vor Gericht: 1988 wurde er in Israel zum Tode verurteilt. Er wurde für "Iwan den Schrecklichen" gehalten, einen im Vernichtungslager Treblinka für seine sadistischen Taten berüchtigter Aufseher. Nach neuen Beweisen hob das Oberste Gericht Israels das Todesurteil allerdings auf, und Demjanjuk kehrte in die USA zurück. Dort lebte er bis zu seiner Abschiebung nach Deutschland.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen