Prozess lässt auf sich warten Demjanjuk will "nichts sagen"
23.06.2009, 13:00 UhrDer mutmaßliche NS-Verbrecher John Demjanjuk will sich vor einem möglichen Prozess nicht zu den ihm gemachten Vorwürfen äußern. Er werde zunächst "nichts sagen", gab Demjanjuks Münchener Anwalt Günther Maull gegenüber n-tv.de bekannt. Dies sei momentan die abgesprochene Linie der Verteidigung. Maull sagte, der 89-Jährige befinde sich immer noch auf der Krankenabteilung der Justizvollzugsanstalt Stadelheim, dort werde er auch bleiben. Dies habe den Vorteil, dass Demjanjuk mit seinem Rollwagen mobil sei. Er könne "ein paar Schritte machen", so Maull. Ansonsten gehe es dem Inhaftierten "den Umständen entsprechend". Demjanjuk halte die Haft aus.

Die Justizvollzugsanstalt Stadelheim.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Unterdessen gibt es immer noch kein Gutachten zur Verhandlungsfähigkeit Demjanjuks. Dies ist Voraussetzung für eine Anklage-Erhebung. Ein Mitarbeiter der Münchener Staatsanwaltschaft sagte gegenüber n-tv.de, das Gutachten könne noch bis zu vierzehn Tage auf sich warten lassen. Zwei Ärzte seien unabhängig voneinander beteiligt. Ein dritter Arzt prüfe die Haftfähigkeit. Sollte Demjanjuk verhandlungsfähig sein, werde innerhalb von ein bis zwei Wochen Anklage erhoben. Über den Prozessbeginn entscheidet dann das Gericht.
Demjanjuk war 1986 von den USA an Israel ausgeliefert worden und dort 1988 wegen der Beihilfe zum Mord an mehr als 800.000 Juden im Konzentrationslager Treblinka sowie wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt worden. Er bestritt bis zuletzt, jemals KZ-Wächter gewesen zu sein und bezeichnete sich als Opfer einer Verwechslung. Nach der Verurteilung tauchten tatsächlich neue Beweise auf, die frühere Zweifel an der Identität Demjanjuks mit dem Täter von Treblinka zu bestätigen schienen. Am 29. Juli 1993 hob das Oberste Gericht Israels das Todesurteil auf.

Demjanjuks Dienstausweis.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Demjanjuk kehrte in die USA zurück, wo er als Staatenloser bei seiner Familie in Seven Hills bei Cleveland lebte. Am 12. Mai 2009 wurde er auf Antrag der Staatsanwaltschaft München nach Deutschland überstellt. Der gebürtige Ukrainer soll 1943 im Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen Beihilfe zum Mord an mindestens 29.000 Juden geleistet und die Menschen in die Gaskammern getrieben haben.
Quelle: ntv.de