Welle der Gewalt im Iran Demonstranten droht Höchststrafe
29.12.2009, 08:23 UhrNach den gewaltsamen Zusammenstößen im Iran fordert das Parlament Höchststrafen für Demonstranten wegen Religionsbeleidigung. Wieder werden zahlreiche Regierungskritiker festgenommen, am Mittwoch soll eine Massenkundgebung von Regierungsanhängern stattfinden. In der EU wird über weitere Strafmaßnahmen gegen Teheran diskutiert.

Seit Tagen gehen vor allem in der Hauptstadt Teheran Tausende gegen die Regierung auf die Straße.
(Foto: dpa)
In einer vom Parlamentspräsidenten Ali Laridschani im Fernsehen verlesenen Erklärung hieß es, für Demonstranten, die die Religion beleidigten, müsse die Höchststrafe gelten. Das Parlament mache jedoch einen Unterschied zwischen demonstrierenden "Konterrevolutionären" und der reformorientierten Opposition, die im Rahmen des Systems agiere. Diese Oppositionellen wurden aufgefordert, sich von den Demonstranten zu distanzieren.
Ahmadinedschad: Vom Ausland gesteuertes "Spektakel"
Die Kritik westlicher Regierungen am gewaltsamen Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte wies das Parlament als "abscheulich" zurück. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad bezeichnete die gegen die Regierung gerichteten Demonstrationen als widerwärtiges, vom Ausland gesteuertes "Spektakel". Das "Drehbuch" dafür hätten "Zionisten und Amerikaner" geschrieben.
Opposition: Razzien und Verhaftungen
Der Opposition nahe stehende Internetseiten berichteten unterdessen von anhaltenden Razzien. Dabei seien unter anderem Journalisten und Menschenrechtsaktivisten, aber auch die Schwester der Friedensnobelpreisträgerin und Anwältin Schirin Ebadi, abgeführt worden. Diese erklärte auf der reformorientierten Website Rahesabs.net, ihre Schwester Nuschin Ebadi, eine Medizinerin, sei politisch nicht aktiv. Mit der Festnahme solle vielmehr sie selbst gezwungen werden, ihre Aktivitäten zur Verteidigung der Menschenrechte einzustellen.
Laut Rahesabs.net nahm die Polizei auch die Frauenrechtlerin Mansureh Schojaie sowie sieben Journalisten fest, unter ihnen den Vorsitzenden des iranischen Journalistenverbandes, Maschallah Schamsolvaesin. Ein Schwager von Oppositionsführer Mir-Hossein Mussawi, Schapur Kasemi, wurde laut Rahesabs.net am Sonntagabend festgenommen und später gegen eine Kaution von 50.000 Dollar freigelassen. Am Montag waren nach Angaben oppositioneller Internetseiten mehr als ein Dutzend Regierungskritiker festgenommen worden.
EU schließt Sanktionen nicht aus
Unterdessen schließt die Europäische Union weitere Schritte gegen den Iran nicht aus. Der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans teilte in Berlin mit, mögliche Maßnahmen würden bereits geprüft. Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Andreas Peschke, warnte vor nationalen Alleingängen. Zu dem Thema werde es "jetzt mit Sicherheit intensive europäische Diskussionen" geben.
Obama sichert Demonstranten Hilfe zu

Obama lässt offen, wie er die iranische Opposition unterstützen will.
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US-Präsident Barack Obama verurteilte das gewaltsame Vorgehen der iranischen Behörden gegen die Opposition und sicherte den Demonstranten seine Unterstützung zu. Schließlich würden unschuldige iranische Bürger gewaltsam unterdrückt, so Obama an seinem Urlaubsort auf Hawaii. Die Iraner versuchten lediglich, ihre Grundrechte auszuüben, sagte Obama. "Jedes Mal, wenn sie das getan haben, traf sie die eiserne Faust der Brutalität, sogar während feierlicher Anlässe und an heiligen Tagen", so der Präsident weiter.
Die Vereinigung Reporter ohne Grenzen verurteilte die Festnahme mehrerer Journalisten bei den blutigen Protesten im Iran. Die Regierung in Teheran wolle die "Augenzeugen des Blutbades vom 27. Dezember" einer Zensur unterwerfen, kritisierte die Vereinigung in Paris.
Bei der Niederschlagung der Proteste gegen die iranische Regierung waren am Sonntag während des schiitischen Aschura-Festes amtlichen Angaben zufolge acht Menschen getötet wurden, unter ihnen auch ein Neffe Mussawis. Mehr als 300 Demonstranten wurden festgenommen.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa