Politik

Haschisch, Autokorsos und Rentenrecht Der Bundestag beantwortet jede Petition

Der Politik auf die Sprünge helfen und die eigene Idee in Gesetzesform gegossen, mit Siegel und Bundesadler: Petitionen haben  ihren Charme.

Der Politik auf die Sprünge helfen und die eigene Idee in Gesetzesform gegossen, mit Siegel und Bundesadler: Petitionen haben ihren Charme.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nicht nur die Regierung und die Abgeordneten, jeder kann dem Bundestag neue Gesetze vorschlagen oder dringende Anliegen vortragen. Immer mehr Bürger machen von diesem Recht Gebrauch - teils mit kuriosen, teils mit ernsten Ideen.

Da ist zum Beispiel der Wunsch nach Abschaffung der Sommerzeit. Oder nach einem Verbot des Handels mit Hundewelpen. Und nach einem Verbot von Autokorsos: Während Millionen Deutsche letzten Sommer den vierten Fußball-WM-Titel feierten, gab es einige Bürger, die unter dem Lärm hupender Autos litten - und vom deutschen Parlament Abhilfe forderten.

Im 65. Jahr des Bestehens hat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags reichlich zu tun gehabt, keine Spur von Politikverdrossenheit. "Mit 15.325 Eingaben in 2014 gegenüber 14 800 im Vorjahr haben wir einen klaren Anstieg zu verzeichnen", betont die Ausschussvorsitzende Kersten Steinke bei der Vorlage des Jahresberichts. Auf Seite 79 wird vermerkt: "Zum Bereich des Wetterdienstes wurden 2014 keine Petitionen eingereicht. Der Ausschuss konnte somit erfreut feststellen, dass die Bürgerinnen und Bürger mit dem Wetter im Jahr 2014 weitestgehend zufrieden waren."

113 Petitionen gab es hingegen allein zum Bereich Bahn - so wurde etwa ein Alkoholverbot in Zügen und auf Bahnsteigen verlangt. Und weniger Verspätungen. Gefordert wurde von 6289 Bürgern ein "Tag des Pferdes" als Gedenktag. 32.000 Petenten sprachen sich für den Besitz, Erwerb und "maßvollen Anbau von Cannabis" aus. Und nach der Verweigerung einer Drehgenehmigung für die satirische ZDF-"heute-Show" im Bundestag wurden hier tolerantere Akkreditierungsregeln angemahnt. Es ist ein Kompendium, ein Seismograph, was die Bürger beschäftigt.

Die Mütterrente hat ihren Ursprung in einer Petition

Immerhin 1,8 Millionen Menschen nutzten bereits die Internetplattform für elektronisch eingereichte Petitionen - die meisten Anliegen (21 Prozent) betrafen den Bereich von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles. 31 Petitionen wurden der Bundesregierung "zur Erwägung" vorgelegt.

Einige Eingaben führen zu konkreten Änderungen. Auch 2014 wurden mehrere Petitionen positiv beschieden, etwa zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung - für alle Mütter oder Väter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, werden Erziehungsleistungen mit einem zusätzlichen Entgeltpunkt berücksichtigt. Negativ wurde dagegen der Wunsch beschieden, dass die Krankenkassen die Kosten für künstliche Befruchtungen übernehmen und Altersgrenzen hierfür angehoben werden. Das Gesundheitsministerium betont, es handele sich hierbei "um versicherungsfremde Leistungen".

Aber die Ausschussvorsitzende Steinke ist auch etwas in Sorge. Sie sorgt sich um fragwürdige "Konkurrenz": "Ein Beispiel ist der bekannte Petitionsaufruf "Weg mit (dem TV-Moderator) Lanz!" auf openpetition, erläutert sie. Petitionen bei privaten Plattformen und sorgfältig zu prüfende Petitionen beim Bundestag seien nun mal etwas anderes. "Das wäre wie ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen."

Der CDU-Politiker Günter Baumann betont: "Die Bürger vertrauen dem Petitionsausschuss." Hier gebe es anders als bei privaten Plattformen immer Antworten und Hilfe und man habe die Chance, über Petitionen die Gesetze zu ändern.

Baumann greift ein kleines Beispiel heraus, was der Ausschuss über alle Parteigrenzen hinweg leisten kann. Eine Frau wandte sich an die 26 Mitglieder, weil ihr Lebensgefährte in Afghanistan umgekommen war und die Entschädigung nicht an sie, sondern an die Eltern des Toten ging - der Kontakt untereinander war nicht besonders. "Rein rechtlich war alles korrekt gelaufen", betont Baumann. Man beschloss im Ausschuss aber einstimmig, dass eine Härtefallregelung greifen müsse. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen persönlich schrieb daraufhin, dass der Frau finanziell geholfen werde, so Baumann. "Das ist auch gut für uns, solche Fälle zu erleben, wo man mal Erfolg hat."

Quelle: ntv.de, Georg Ismar, dpa

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