Politik

Deutschland braucht eine neue Koalition Der Weg zur Regierungsbildung

Egal, ob SPD oder Grüne in die Regierung kommen: dass ihre bisherigen Spitzenkandidaten dabei eine Rolle spielen, ist unwahrscheinlich.

Egal, ob SPD oder Grüne in die Regierung kommen: dass ihre bisherigen Spitzenkandidaten dabei eine Rolle spielen, ist unwahrscheinlich.

(Foto: dpa)

Sowohl die CDU wie auch die Linke feiern das Wahlergebnis und suchen nach Koalitionspartnern. Dazwischen stehen SPD und Grüne, hin- und hergerissen. Jetzt wird klar, wie sehr sie gespalten sind. Wer in Zukunft Deutschland regiert, hängt von ihren Machtkämpfen ab.

Es ist der Tag nach der Wahl und normalerweise lässt sich an so einem Tag aus den Statements von Parteifunktionären viel herauslesen: Wer bringt sich in Stellung? Wer will mit wem zusammenarbeiten? Wo liegen inhaltliche Kompromisslinien? Zwischen CDU und CSU war das am Wahlabend so: Vor der Wahl hatte man über eine Maut gestritten, nach der Wahl fanden beide eine Formulierung, die den Kompromiss schon andeutete.

Spannender ist aber die Frage, ob SPD oder Grüne mit der Union eine Regierung bilden werden. Und das vorherzusagen, fällt nach den ersten Statements so schwer wie schon lange nicht mehr. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte n-tv, er habe "das Wahlergebnis noch nicht ganz verarbeitet". Es sei "ohne Beispiel". Die Grünen-Geschäftsführerin Steffi Lemke sagt, sie habe "das Wahlergebnis noch nicht fertig analysiert". Beide Parteien haben einen Umbruch vor sich. In beiden Parteien werden linker und rechter Flügel darum streiten, wer sich in Zukunft durchsetzt.

In der SPD streiten linke Kritiker der Agenda 2010 mit den Verteidigern eben dieser Arbeitsmarktreformen, die mit dazu führten, dass die SPD in dramatischem Umfang Stimmen einbüßte. Schon im Wahlkampf blockierte sich die Partei dadurch, dass beide Seiten an der Spitze zusammenarbeiten mussten. Der eher linke Parteichef Sigmar Gabriel fiel dem Spitzenkandidaten und Agenda-Befürworter Peer Steinbrück mehr als einmal in den Rücken. Steinbrück bezeichnet eine Zusammenarbeit mit der Linken als abwegig, Gabriel werden mittelfristig Ambitionen für ein rot-rot-grünes Bündnis nachgesagt.

Generationenwechsel überfällig

Die Grünen spaltet nach der Wahl die Frage der Steuerpolitik: Die Linken in der Partei muteten ihren – gut verdienenden – Wählern Steuererhöhungspläne zu. Die Realos wehrten sich von Anfang an gegen diese Politik und sehen sich nun bestätigt. Kritiker wie der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklären die Stimmenverluste der Grünen damit, dass man sich nicht voll auf die Kernthemen wie Verbraucherschutz und Energie konzentrierte. Jürgen Trittin wollte seine Partei auf dem Hoch der Umfragewerte dagegen zu einer Volkspartei ausbauen, die sich um alle großen Themen kümmert. Bei Umfragewerten über 25 Prozent schien das plausibel, aber am Ende ließ es die Grünen noch tiefer fallen.

Parallel zu den Flügelkämpfen stellt sich in beiden Parteien die Generationenfrage. Steinbrück ist 66 Jahre alt - dass er noch einmal die SPD anführen würde, hatten vor vier Jahren die wenigsten erwartet. Trittin ist seit acht Jahren das Gesicht der Grünen – auch das sonstige Spitzenpersonal hat sich seitdem kaum verändert. In beiden Parteien ist ein Generationenwechsel aber nicht einfach. Den Grünen fehlt eine zweite Reihe bewährter Politiker, die jetzt die Führungsämter ausfüllen könnte. Die Hoffnungsträger der SPD sind bislang in den Ländern gebunden – und sehen gar keinen Grund, in den schwächelnden Bundesverband zu wechseln.

Was macht die Linke?

Ob SPD oder Grüne für die Union der interessantere Koalitionspartner sind, hängt also von der weiteren internen Entwicklung dieser Parteien ab. Dass die CDU mit beiden Parteien zusammenarbeiten würde, daran ließ sie schon am Wahlabend keinen Zweifel. Der FDP trauerte sie nicht nach. "Es wird sich jemand finden", sagte Wolfgang Schäuble.

Die Linke arbeitet daran, eine dritte Option zur Verfügung zu stellen, also neben Schwarz-Rot und Schwarz-Grün auch Rot-Rot-Grün möglich zu machen. Da beide verbleibenden Koalitionsmöglichkeiten vor der Wahl als unwahrscheinlich galten, bringt sie sich nun wieder ins Spiel. Die Parteivorsitzenden betonen, dass es eine linke Mehrheit im Bundestag gäbe. Zuletzt meldete der "Spiegel", dass es in der Partei Bestrebungen gibt, die radikalen Positionen in der Außenpolitik zu überdenken. Das würde sie koalitionsfähiger machen. Die Union bekommt fast die absolute Mehrheit und trotzdem wird die Kanzlerin abgewählt? Noch scheint das abwegig – aber wenn sich die Linke geschickt verhält, können SPD und Grüne fortan damit drohen.

Quelle: ntv.de

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