Mordkomplott und Verschwörungstheorien Der tiefe Fall des Jochen Wolf
10.01.2002, 12:30 UhrDer frühere brandenburgische Bauminister Jochen Wolf muss sich von heute an vor dem Potsdamer Landgericht verantworten. Wolf wird versuchte Anstiftung zum Mord an seiner Ehefrau vorgeworfen. Wolf verweigerte zunächst jede Äußerung.Am kommenden Dienstag soll die Verhandlung fortgesetzt werden.
Beinahe wäre Wolf bei der Landtagswahl 1990 Spitzenkandidat der SPD in Brandenburg geworden, mit guten Chancen auf den Posten des Regierungschefs im dem neu gebildeten Bundesland. Der heutige Bundespräsident Johannes Rau, sozialdemokratisches Urgestein, erinnert sich, dass Wolf schon damals nur schwer klarzumachen war, dass er für viele Jobs geeignet ist, für den aber nicht.
Immerhin hat Wolf als Regierungsbevollmächtigter des alten DDR-Bezirks Potsdam nach der Wende die Bildung des Landes vorbereitet, die Verwaltungsstrukturen mit aufgebaut. Dabei macht der gelernte Ingenieur aus seinen persönlichen Ambitionen keinen Hehl. Es ist jedoch Manfred Stolpe, auf den die Sozialdemokraten setzen und der die Wahl gewinnt.
Wolf wird Bauminister im Kabinett Stolpe, frühere SPD-Mitstreiter meinen, das habe er bereits als Kränkung empfunden. 1993, nach drei Jahren im Amt, kauft Wolf ein Grundstück im Potsdamer Vorort Groß Glienicke weit unter Wert und ohne Provision. Als Gegenleistung soll er eine Baugenehmigung für ein Stück Ackerland versprochen haben.
Wolf gerät unter Druck. Regierungschef Stolpe steht da noch zu ihm. Erst als der Bauminister die Affäre als Intrige des damaligen SPD-Chefs Steffen Reiche darstellt, lässt ihn die Partei fallen. Wolf tritt als Minister zurück und aus der SPD aus. Wolf fühlt sich von der Landesregierung verfolgt, lässt immer wieder verlauten, er habe belastendes Material gegen den Ministerpräsidenten, ohne es jedoch zu veröffentlichen.
Nach einem kurzen und gescheiterten Versuch als freier Unternehmer klagt der frühere Minister 1995 mit Erfolg auf einen Arbeitsplatz im Landesdienst und wird Berater in der Brandenburger Außenhandelsagentur Braha.
Zu diesem Zeitpunkt ist sein Privatleben schon sehr schlagzeilenträchtig. Er verliebt sich in die Ukrainerin Oksana, die er als Unterwäschemodell groß rausbringen will. Im Februar 1996 zieht er mit der jungen Frau zusammen, ein Jahr später reicht er die Scheidung von seiner Frau Ursula ein.
Killer auf Frau angesetzt?
Zuvor soll er bereits einen Bekannten gebeten haben, einen Killer für seine Frau ausfindig zu machen. Im Dezember 1998 erstattet Ursula Wolf Anzeige gegen die Geliebte ihres Mannes. Oksana K. habe ihr beim Joggen aufgelauert und sie mit einer Pistole bedroht. Einen Tag später begeht Oksana K. Selbstmord.
Danach ist Wolfs Abstieg nicht mehr aufzuhalten, Einzelheiten aus seinen früheren Ehen werden bekannt. Seine erste Frau berichtet von Misshandlungen. Es wird bekannt, dass sich seine zweite Frau das Leben genommen hat, die dritte verließ ihn nach acht Wochen Ehe.
Der despotische, herrische und cholerische Jochen Wolf, der seine Familie und seine Mitarbeiter anschrie, terrorisierte und quälte, geistert durch die Medien. Oder das arme Scheidungsopfer, das sich in Talkshows präsentiert. Zur gleichen Zeit sucht Wolf erneut einen Killer für seine Ehefrau, da sie, seiner Meinung nach, die Scheidung verschleppt. Die Ermittler sehen auch andere Motive, es gebe hohe Lebensversicherungen für Ursula Wolf, abgeschlossen von ihrem Mann, der Begünstigte: Jochen Wolf.
Zu diesem Zeitpunkt ist von der kurzen Karriere des Jochen Wolf nicht mehr viel übrig. Als er im Sommer vergangenen Jahres am Berliner Bahnhof Zoo festgenommen wird, will er die letzte Rate beim Killer bezahlen und wähnt seine Frau tot. Doch der angebliche Killer arbeitet längst mit der Polizei zusammen. Da ist aus dem "Beinahe-Ministerpräsidenten" der "Mörder-Minister" geworden.
Quelle: ntv.de