Greenpeace: Größte Gefahr sind zentralen Zwischenlager Deutsche Atommeiler schutzlos gegen Terrorkrieg
17.09.2001, 16:45 UhrDie Kernkraftwerke in Deutschland sind gegen massive Terroranschläge wie in New York nicht geschützt. "Gegen kriegerische Angriffe dieser Art gibt es keinen Schutz", sagte Heinz-Peter Butz, Sprecher der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS), im Gespräch mit n-tv.de. Umweltschützer von Greenpeace halten unterdessen besonders die zentralen Atomzwischenlager für gefährliche Ziele möglicher Terrorattacken.
In Deutschland gibt es noch 19 Kernkraftwerke. "Die Betreiber verstärken jetzt den Objektschutz mit Sicherheitspersonal", erläuterte Butz. Je nach Baujahr seien die Atommeiler gegen Flugzeugabstürze verschiedenen Ausmaßes geschützt. Die jüngsten Richtlinien aus den Achtzigerjahren gehen von dem senkrechten Aufprall eines Kampfjets vom Typ Phantom mit 775 Stundenkilometern aus. Die 20-Tonnen-Maschine könnte den zwei Meter dicken Stahl- und Betonmantel demnach nicht durchdringen. Brennstäbe und Kern seien durch weitere Betonmassen geschützt.
"Kranke Gehirne übertreffen jedes Katastrophenszenario"
"Jedes Katastrophenszenario kann aber durch die abstrusen Gehirne von Terroristen übertroffen werden", sagte Butz. Gegen einen kaltblütig geplanten Absturz einer großen Boeing-Maschine mit vollem Kerosintank sei jeder Sicherheitssexperte machtlos. "Man muss die terroristischen Angriffe im Vorfeld abwehren. Wenn die Maschine erst in der Luft ist, wird es zu spät sein."
Greenpeace-Sprecher Veit Bürger kritisierte derweil auf Anfrage, dass vor allem die atomaren Zwischenlager im niedersächsischen Gorleben und im westfälischen Ahaus gefährliche Terrorziele seien. "Diese Hallen mit Castor-Behältern dienen doch nur dem Regen- und Sichtschutz. Das ist auch für kleinere Flugzeuge keine Sicherheitsbarriere."
Die Castoren können nach Herstellerangaben eine halbe Stunde lang Temperaturen um 800 Grad Celsius verkraften, sagte der Greenpeace-Experte. "Wenn aber ein vollbetankter Jet abstürzt, wird das Kerosin weit heißer. Die Castoren könnten schneller aufplatzen. Allein die sechs Behälter vom Gorlebener Transport im Frühjahr 2001 haben die gleiche Radioaktivität, wie sie in Tschernobyl freigesetzt wurde." Bürgers Fazit: "Angesichts des großen Risikopotenzials der Atomenergie - schon vor, aber auch besonders nach den Anschlägen - ist die einzige konsequente Konsequenz zunächst das Abschalten aller Anlagen."
Bei der GRS hält man die Sorge um die Zwischenlager dagegen für nicht angebracht: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Behälter durch einen Kerosinbrand unter freiem Himmel Schaden nehmen. Selbst in diesem Horrorszenario", sagte Butz.
Quelle: ntv.de