Politik

Anschlagspläne zu Weihnachten Deutsche Kopten haben Angst

Nach dem Anschlag auf eine Kirche im ägyptischen Alexandria befürchtet das BKA auch in Deutschland Terrorattacken gegen koptische Christen. Die Gemeinde in Frankfurt wird ihr orthodoxes Weihnachtsfest unter Polizeischutz feiern. Derweil entlädt sich die Wut der Christen in Ägypten in teilweise gewalttätigen Protesten.

Nach dem Anschlag in der Silvesternacht.

Nach dem Anschlag in der Silvesternacht.

(Foto: AP)

Nach dem blutigen Anschlag auf Christen im ägyptischen Alexandria wächst auch in Deutschland und Österreich die Sorge vor islamistischen Attacken auf Kopten. Schon an Heiligabend informierte das Bundeskriminalamt die zuständigen Behörden über eine "allgemeinen Anschlagsdrohung" im Internet gegen die koptische Kirche unter anderem auch in Deutschland. Das österreichische Innenministerium sprach von einer "Todesliste" mit insgesamt 150 Namen von Kopten aus verschiedenen Ländern, die bereits vor dem Anschlag auf einer Internetseite der Terrororganisation "Islamischer Staat Irak" veröffentlicht worden sei. Die Organisation wird in Verbindung mit Al-Kaida gebracht.

Die ägyptischen Sicherheitskräfte wurden derweil landesweit in Alarmbereitschaft versetzt. Wenige Tage vor dem koptischen Weihnachtsfest verstärkte die Polizei die Wachposten vor Kirchen, an Häfen und an Flughäfen, wie die Behörden mitteilten. In Alexandria waren in der Neujahrsnacht mehr als 20 Menschen gestorben, als ein Selbstmordattentäter sich vor der christlichen Kirche in die Luft sprengte. Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierte an Ägyptens Präsident Husni Mubarak, solche Attentate künftig zu verhindern.

Weihnachtsmesse unter Polizeischutz

In Deutschland leben etwa 6000 koptische Christen. Ihr Bischof Anba Damian berichtete von mehreren Warnungen. Das Bundesinnenministerium bestätigte, dass an Silvester ein besorgter Brief des Bischofs einging - wenige Stunden vor dem tödlichen Anschlag in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria, dem in der Neujahrsnacht vor allem Kopten zum Opfer fielen. Damian stützte sich dabei nach eigenen Angaben auf Hinweise des Bundeskriminalamtes.

Generalbischof Damian ist der höchste Repräsentant des koptisch-orthodoxen Patriarchen in Deutschland, hier im koptischen Kloster in Brenkhausen bei Höxter.

Generalbischof Damian ist der höchste Repräsentant des koptisch-orthodoxen Patriarchen in Deutschland, hier im koptischen Kloster in Brenkhausen bei Höxter.

(Foto: dapd)

Im Bayerischen Rundfunk berichtete Damian von einem Plan, der im Internet im Umlauf sei. Demzufolge könnten Kopten in der Nacht zum 7. Januar Zielscheibe für neue terroristische Aktivitäten werden. In dieser Nacht erreichen die Weihnachtsfeiern von orthodoxen Christen ihren Höhepunkt. Laut der ältesten koptischen Gemeinde in Deutschland, St. Markus in Frankfurt, wird der dortige Weihnachtsgottesdienst in diesem Jahr unter Polizeischutz stattfinden. Einem Bericht des "Tagesspiegels" zufolge gibt es über eine Al-Kaida-nahe Internetseite auch Anschlagsdrohungen gegen die Gemeinde im niedersächsischen Lehrte nahe Hannover.

Österreichs Kopten stehen seit einigen Tagen unter besonderem Schutz, sagte der Sprecher des Innenministeriums in Wien, Rudolf Gollia. Auf der Internetseite der Terrororganisation "Islamischer Staat Irak" seien 15 in Österreich lebende Kopten genannt. Die Organisation sei bekannt, der österreichische Verfassungsschutz habe vor Weihnachten mit den Ermittlungen begonnen, sagte Gollia. Insgesamt listeten die Terroristen 150 Kopten aus verschiedenen Ländern auf. In Österreich leben nach Schätzungen mehr als 5000 Kopten. Auch in Frankreich ging die Polizei Anschlagsdrohungen gegen koptische Kirchen nach.

In einem Beileidsschreiben verurteilte die Kanzlerin den Anschlag in Alexandria "aufs Schärfste". Zugleich äußerte sie sich überzeugt, dass Mubarak alles in seiner Macht Stehende tun werde, "um derartige Vorfälle in der Zukunft zu verhindern". Der Kardinal und Wiener Erzbischof Christoph Schönborn forderte Gläubige in aller Welt zu mehr Solidarität mit Christen im Nahen Osten auf. Außenminister Guido Westerwelle verlangte von seinem ägyptischen Kollegen Abul Gheit, alles zu tun, "um Christen und andere religiöse Gruppen gegen Übergriffe und Gewalt durch Extremisten zu schützen". Gheit sprach von einem "Anschlag auf das gesamte ägyptische Volk".

Gewalttätige Proteste in Ägypten

Bei den Protesten in Kairo werden dutzende Menschen verletzt.

Bei den Protesten in Kairo werden dutzende Menschen verletzt.

(Foto: AP)

In Ägypten entlud sich die Wut der Christen in teilweise gewalttätigen Protesten. In Kairos Innenstadt wurden am Sonntagabend 39 Angehörige der Sicherheitskräfte und zwei Passanten verletzt. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen bewarfen Demonstranten die Polizisten mit Steinen und Flaschen. Zuvor hatte es bereits in Alexandria und einem vorwiegend von Christen bewohnten Dorf in der oberägyptischen Provinz Assiut Proteste gegeben. Auch Anti-Mubarak-Parolen wurden gerufen. Mittlerweile hat sich die Lage entspannt.

Der Patriarch der koptisch-orthodoxen Kirche, Schenuda III., sagte, er werde trotz des Anschlags die Weihnachtsmesse abhalten. "Nicht zu beten würde bedeuten, dass uns der Terrorismus davon abhält, die Geburt Christi zu feiern", sagte er der ägyptischen Regierungszeitung "El Ahram". Die Kopten sind die größte christliche Glaubensgemeinschaft im Nahen Osten und machen bis zu zehn Prozent der 80 Millionen Einwohner in Ägypten aus.

Unterdessen wurden weitere Ermittlungsergebnisse bekannt. Nach Augenzeugenberichten handelte es sich bei dem Attentäter um einen etwa 40 Jahre alten Mann. Er habe gegenüber der Kirche zusammen mit zwei anderen Männern in einem Auto gesessen. Aus dem Innenministerium hieß es, der Täter habe zunächst versucht, in die Kirche zu gelangen. Nachdem er die vor dem Gotteshaus postierten Polizisten sah, habe er seine Bombe jedoch davor gezündet. Mehr als 20 Menschen starben, 97 wurden verletzt.

"Islam ist nicht die Religion der Explosionen"

Vater Pigol Bassili vor der koptischen Gemeinde in Frankfurt am Main.

Vater Pigol Bassili vor der koptischen Gemeinde in Frankfurt am Main.

(Foto: dpa)

Wie nun bekannt wurde, stand die von dem Anschlag getroffene Kirche auf einer langen Liste des Terrornetzwerks Al-Kaida mit möglichen Anschlagszielen. Die Auflistung von rund 50 koptischen Gotteshäusern in Kairo und Alexandria sowie in Deutschland, Frankreich und Großbritannien wurde am 2. Dezember auf der mit Al-Kaida eng verbundenen Internetseite Schumuch el Islam veröffentlicht. Die ägyptischen Behörden gingen weiterhin davon aus, dass der mutmaßliche Selbstmordattentäter im Auftrag ausländischer Extremisten handelte. Laut "El Ahram" war der Sprengsatz mit TNT sowie Metallteilen bestückt.

Der ranghöchste islamische Religionsgelehrte von Saudi-Arabien bezeichnete die Tat von Alexandria als Verbrechen, das nichts mit dem Islam zu tun habe. Die saudische Zeitung "Okaz" zitierte Scheich Abdulasis bin Abdullah al-Scheich mit den Worten: "Der Islam ist nicht die Religion der Explosionen, und er erlaubt es auch nicht, die Gebetsräume von Nicht-Muslimen anzugreifen." Der Mufti von Syrien, Scheich Ahmed Badr al-Din Hassun, sagte: "Wer diesen Anschlag verübt hat, der kennt keine Religion und keinen Gott."

Unklar ist noch, ob es eine Verbindung zu dem Blutbad in einer Kirche im Bagdad vom 31. Oktober 2010 gibt. Die damaligen Attentäter, die dem irakischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida zugerechnet werden, hatten erklärt, sie wollten "muslimische Schwestern" rächen, die von der koptischen Kirche in Ägypten "gefangen gehalten" würden.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts

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