Politik

Zahlen widerlegen Klischee Deutsche selten beim Arzt

Wer geht denn schon gern zum Arzt?

Wer geht denn schon gern zum Arzt?

(Foto: dpa)

Es ist eine gängige Behauptung: Weil die Kassen Arztbesuche kritiklos bezahlen, gehen die Deutschen häufiger zum Arzt als notwendig. Das stimmt vermutlich nicht. Zumindest deuten das aktuelle Zahlen an. Demnach suchen die meisten Deutschen nur selten medizinischen Rat. Dafür treiben einige wenige die Zahlen in die Höhe.

Ein Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" schafft Differenzierung in der Behauptung, die Deutschen gingen zu häufig zum Arzt. Auf die meisten Bürger trifft dies gar nicht zu, heißt es unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen im Bundestag.

Demnach gehen 50 Prozent der Arztbesuche auf die Kosten von nur 16 Prozent der Patienten - sie trieben damit die Statistik in die Höhe. Ein Viertel der Kassenmitglieder sucht dagegen höchstens 4 Mal im Jahr einen Arzt auf, ein zweites Viertel kommt auf höchstens 10 und ein drittes Viertel auf bis zu 22 Besuche. 25 Prozent der Versicherten mit den meisten Arztbesuchen sehen den niedergelassenen Arzt im Schnitt 40 Mal im Jahr.

Dem Bericht zufolge wurden dabei alle abrechnungsfähigen Kontakte gezählt, also auch telefonische Beratung oder das Ausstellen von Folgerezepten. Die Regierung stütze sich dabei auf eine neue Untersuchung des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI).

FDP will Praxisgebühr abschaffen

Indessen geht der Streit über die Zukunft der Praxisgebühr weiter. Die FDP lässt mit ihrer Forderung nach einem Verzicht auf die Abgabe in der Koalition nicht locker. Angesichts zweistelliger Milliardenüberschüsse der Krankenkassen sei es "nur fair, die Versicherten daran teilhaben zu lassen", sagte Fraktionschef Rainer Brüderle der "Hamburger Morgenpost".

Die Praxisgebühr sei "mit viel Ärger und Bürokratie verbunden". Mit Blick auf Widerstand der Union schlug er vor: "Als Alternative zur Abschaffung könnte man die Praxisgebühr zumindest für zwei bis drei Jahre aussetzen." Auch Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr von der FDP favorisiert weiter ein Ende der Gebühr von zehn Euro pro Quartal, die 2004 eingeführt worden war.

Volle Kasse weckt Begehrlichkeiten

Allerdings könnte künftig nicht mehr viel zu verteilen sein: Laut Berechnungen der Interessenvertretung der Innungskrankenkassen (IKK) droht dem Gesundheitsfonds bereits 2013 ein Defizit von 760 Millionen Euro, wie die "Spiegel" berichtet. 2014 könnte daraus ein Minus von 6,81 Milliarden werden - und das bei einem Positiv-Szenario.

Die schwarz-gelbe Koalition verhandelt seit Wochen darüber, wie bis zu 4,4 Milliarden Euro aus der Reserve des Gesundheitsfonds - der Geldsammelstelle der gesetzlichen Krankenkassen - verwendet werden könnten. Damit wäre die Praxisgebühr ganz oder teilweise zu ersetzen, die im Jahr rund zwei Milliarden Euro einbringt. Es könnte auch der Kassenbeitragssatz von 15,5 Prozent um 0,1 Punkte gesenkt werden, was die CDU erwägt. Das Geld könnte auch als Puffer erhalten bleiben.

Quelle: ntv.de, jog/dpa

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