Politik

Türkei kritisiert BND-Spähaktion Deutscher Botschafter muss "antanzen"

Belastung für die deutsch-türkischen Beziehungen.

Belastung für die deutsch-türkischen Beziehungen.

(Foto: dpa)

Darf der deutsche Geheimdienst den Nato-Partner Türkei belauschen? Obwohl die Bundesregierung entsprechende Berichte nicht bestätigt, schlagen die Wellen der Empörung hoch. Ankara bestellt deswegen sogar den deutschen Botschafter ein.

Das türkische Außenministerium hat der Bundesregierung vorgeworfen, mit der Bespitzelung der Türkei durch den Bundesnachrichtendienst (BND) die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern aufs Spiel zu setzen. Die Abhöraktion sei den engen Beziehungen zwischen beiden Ländern nicht angemessen und schade den gemeinsamen Anstrengungen zur Erhaltung der internationalen Sicherheit und Stabilität, erklärte das Ministerium in Ankara. Der BND-Lauschangriff müsse sofort gestoppt werden.

Dies sei dem deutschen Botschafter in Ankara, Eberhard  Pohl, der zuvor ins Außenministerium einbestellt worden war, deutlich zu verstehen gegeben worden, erklärte das türkische Außenamt weiter. Selbst wenn sich in den Berichten über die BND-Aktion nur ein Körnchen Wahrheit befinde, biete sich eine "schlimme Lage", die von Deutschland erläutert werden müsse. Zwischen Freunden und Verbündeten sei ein solches Vorgehen inakzeptabel.

Trittin verteidigt BND

Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, hat sich empört zur mutmaßlichen Überwachung des Nato-Partners Türkei durch den BND geäußert. "Die BND-Ausspähaktionen sind gravierende Vorgänge, die man nicht einfach abtun kann", sagte sie der "Passauer Neuen Presse". Bundeskanzlerin Angela Merkel müsse sich dazu persönlich erklären. "Wir wollen wissen, seit wann die Bundesregierung von den BND-Aktionen wusste und wie groß der Umfang des Ausspähens wirklich ist."

Dagegen verteidigte der Grünen-Abgeordnete und frühere Fraktionschef Jürgen Trittin die BND-Aktivitäten. Er rate in der Debatte über die Arbeit der Geheimdienste zu "weniger Wehleidigkeit, mehr eigener Aufklärung und besserer Spionageabwehr", sagte er der "Berliner Zeitung". Ein zufälliges Mithören von Ministertelefonaten sei etwas anderes als das systematische Ausspähen des Parteihandys der Kanzlerin, betonte Trittin mit Blick auf Lauschaktionen des BND gegen die US-Außenminister Hillary Clinton und John Kerry. Die BND-Tätigkeit in der Türkei sei gerechtfertigt, meinte der Grünen-Außenpolitiker: "Die Sicherheit Deutschlands ist durch die Vorgänge im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Syrien und dem Irak unmittelbar betroffen. Und es stehen Bundeswehrsoldaten an der Grenze zu Syrien. Dass ein geheimer Nachrichtendienst dort Erkenntnisse sammelt, kann man ihm nicht vorwerfen. Das ist seine Aufgabe."

Die Bundesregierung will die Berichte nicht öffentlich kommentieren. Der Ort dafür sei das Bundestags-Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz in Berlin. Sie könne die Medienberichte dazu in keiner Weise bestätigen. Wirtz erklärte aber, die Regierung habe die Geheimdienst-Kontrolleure des Parlaments bereits im Juli von sich über einen Teil des Sachverhalts unterrichtet, der am Wochenende Gegenstand der Berichterstattung gewesen sei. Die Unterrichtung über alles Weitere werde "zeitnah" folgen. Nähere Angaben machte sie nicht. Auch ein Datum für eine Sitzung des Gremiums nannte Wirtz nicht.

Türkische Gemeinde erbost

Der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, forderte in der "Passauer Neuen Presse" "zumindest eine umfassende Reform der Geheimdienstkontrolle". Der BND versuche "offenbar systematisch, sich der Kontrolle durch das Parlament zu entziehen".

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach, hält mögliche BND-Aktivitäten in Sachen Türkei für nachvollziehbar. Es gebe "sicherlich gute Gründe", sagte der CDU-Politiker dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Bosbach verwies dabei auf Aktivitäten der kurdischen PKK sowie links- und rechtsextremistischer türkischer Gruppen in Deutschland, auf Drogenschmuggel und Schleuserkriminalität. Er geht davon aus, dass die US-Regierung Berichte über mitgehörte Gespräche von Kerry und Clinton im Streit um die amerikanische Ausspähpraxis in Deutschland ausnutzt. "Für die Amerikaner ist diese Nachricht ein Geschenk des Himmels."

Scharfe Kritik an der Ausspähung der Türkei übte die Türkische Gemeinde in Deutschland. Ihr Chef Safter Cinar sagte der "Welt", man sei "in höchstem Maße erbost, dass hier Vereine von deutschen Staatsbürgern als Handlanger der türkischen Regierung dargestellt werden". Dies sei skandalös und unmöglich.

Nach Medienberichten überwacht der BND die Türkei schon seit Jahren. Laut "Spiegel" wird das Land im "Auftragsprofil" der Regierung aus dem Jahr 2009, das bis heute gültig sei, als offizielles Aufklärungsziel geführt. Der BND soll zudem mindestens ein Gespräch von US-Außenminister Kerry abgehört haben, das 2013 als "Beifang" im Überwachungsnetz des Dienstes landete - ähnlich wie 2012 ein Telefonat von Kerrys Vorgängerin Clinton.

Quelle: ntv.de, wne/AFP/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen